*Als Hauptquelle für die vielen Fakten in den nachfolgenden Texten wurde der Brandenburger Anzeiger (BA.) herangezogen, der von 1809 bis 1945 erschien und im Stadtarchiv Brandenburg aufbewahrt wird.
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1. Vom Laufrad zum Fahrrad
Radfahren und Radsport in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts - das Bürgertum wird mobil
Der Adel verdankte seit Jahrhunderten die Mobilität seinen Reitpferden, den "Rössern". Diese edlen Tiere waren im Unterhalt jedoch sehr kostspielig und hatten neben dem großen Platzbedarf, einen immer wiederkehrenden Hunger auf Hafer und Streu, waraus sie schlussendlich reichlich Mist produzierten, der zu ent-sorgen war.
Die Mobilität des "kleinen Mannes" erfuhr durch die Erfindung und Weiterentwicklung des "Velocipeds" („Schnellfüßer“) am Anfang des 19. Jahrhunderts, (1817 -- Carl F. Drais, Fh. von Sauerbronn u.a.), jedoch eine glänzende Perspektive. Zunächst noch unförmig und schwer, verbreitete sich dieses pflegeleichtere Fort-bewegungsmittel sehr schnell, besonders auch in Frankreich und England. Erste dokumentierte Radrennen gab es in Paris um 1868, weshalb Frankreich auch als Wiege des Radsports gilt. Die Fahrmaschinen mit Tretkurbeln am Vorderrad (Tretkurbelvelociped 1853 bis 1861) ließen noch keine größeren Geschwindigkeiten zu. Abhilfe sollte das Hochrad (1870) schaffen. Durch seinen großen Radumfang nahm die zurückgelegte Wegstrecke und damit Geschwindigkeit pro Kurbelumdrehung deutlich zu. Erkauft wurde dieser Vorteil mit einem großen Nachteil. Es war schwierig zu fahren und wurde dadurch nicht alltagstauglich. Erst die Weiter-entwicklung zum Niederrad ab 1880 mit der Kraftübertragung vom größeren Kettenblatt per (Fahrrad)-kette auf den Zahnkranz brachte den Durchbruch! Zwischen 1885 und 1895 entwickelte man dann aus den Vor-läufern den Grundtyp des heutigen Fahrrades mit "Diamantrahmen". Bald erfolgte die industrielle Produk-tion, und ein schnell steigender Anteil des Bürgertums konnte nun sein "Stahlross reiten"! (siehe auch )
Obwohl die "fahrradähnliche" Laufmaschine in deutschen Landen das Licht der Welt erblickt hat, war man in Frankreich und England bald schon etwas weiter!
Aber ab April 1869 wurden auch hier sogenannte "Velocipeden - Reitclubs" gegründet: Zunächst in Altona/Elbe am 17.4.1869 der Eimsbüttler Velocipeden-Club, der schon am 10.9.1869 sein erstes Radrennen mit Teilnehmern aus Frankreich, Dänemark und England veranstaltete.(Wikipedia).
Bald danach folgten solche Clubs in München, Magdeburg und Berlin. In München wurde die erste "Velocipeden - Rennbahn" in Deutschland gebaut.
Nach vielfachen Vereinsgründungen in großen und kleinen Städten und sogar auf Dörfern im Verlauf des folgenden Jahrzehnts wollte man durch die Bildung von Verbänden die "Schlagkraft" der Radfahrer/ Radsportler weiter stärken. So entstanden im Jahre 1882 die beiden, sich leider bald wie feindliche Brüder gegenüberstehenden Verbände:
Im Gegensatz zu der Überwindung der Kleinstaaterei infolge der Reichsgründung nach dem Krieg 1870/71 boten die gegenseitigen Anfeindungen beider Vereinigungen ein betrübendes Bild! Der Magdeburger Vereinsvor-sitzende des schon 1969 gegründete Magdeburger Velocipeden-Club, Carl Hindenburg, gelang es im Verein mit Gleichgesinnten diesen Mißstand der gegenseitige Rivalität durch Vereinigung der beiden nach gleichen Zielen strebenden Verbände ein Ende zu setzen! Nach langem, zähem Ringen war es im August 1884 endlich soweit. In Leipzig versöhnte man sich, und es kam zur Gründung des Deutschen Radfahrer-Bundes. Wegen seiner großen Verdienste um diese Fusion wurden ihm der Vorsitz und damit die oberste Leitung dieses neugeschaffenen Verband übertragen. Diese Aufgaben hat er 10 Jahre sehr erfolgreich mit viel Umsicht erfüllt bis er auf dem Bundestag in Leipzig 1893 diese leitende Stellung niederlegte.
Der Deutsche Radfahrer-Bund (D.R.-B.) von 1884 gliedertesich in 44 Gaue in Deutschland, Österreich, sowie in Rußland, Polen und der Schweiz. 1895 hatte der Verband 25294 Mitglieder.
Im Rahmen der Satzungen der großen Verbände wurde u.a. wohl aus patriotischen Gründen festgelegt, dass die "Strukturen", die in den Gründungsjahren zuvor häufig die Bezeichnung "Bicycle-Club" trugen, da einige von in Deutschland studierenden Engländern gegründet worden waren, sich in deutsche Bezeichnungen, wie Radfahrer-Verein/-Club umbennen mussten, was meistens dann auch geschah. Hauptziel der Vereine in den Verbänden war vorwiegend die aktive Freizeitgestaltung mit dem neuen "Sportgerät" Fahrrad, auf dem sich der Radius der Erlebniswelt für viele schlagartig erweiterte. Es kam zunehmend zu kleinen und größeren Wett-bewerben auf Wegen, Straßen und im Saale.
1898 waren in 1842 deutschen Städten und Gemeinden, je nach Größe, 1 bis 25 Radfahrer-Vereine aktiv mit je zwischen 10 bis manchmal mehreren 100 Mitgliedern. Magdeburg z.B. hatte 23 solcher Vereine und dazu eine Vereinigung mehrerer Vereine der Stadt.
Daneben existierten noch verschiedene kleinere Verbände.
Darüber hinaus waren in den genannten Jahren noch weitere 16 Vereinigungen und Verbände registriert, die sich mit dem Themen Radfahren, Radsport, Rennbahnen und Schutzvereinigungenbeschäftigten.
Durch die Verbandsstrukturen war es möglich geworden, überregionale (GAU-), bishin zu deutschen Meis-terschaften zu veranstalten. Es konnten Rekordlisten geführt werden und schließlich an internationalen Wett-bewerben, wie Europa- und Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen mit Nationalauswahlmann-schaften teilzunehmen.
1894 trat der Deutsche Radfahrer-Bund (damals 22000 Mitglieder) der ICA = „Inter-nationalen Cyclists Association“, Vorläufer der Union Cycliste Internationale = UCI) bei, die 1900 gegründet wurde, die zu-nächst nur Amateure vertrat, weil sie den Profisport ablehnte.
Brandenburger Anzeiger,
Mo., 27.9.1886:
Nach der Volkszählung vom 01.12.1885 lebten zu dieser Zeit 33019 Einwohner in der Stadt Brandenburg, nach dem statistischen Büro 33129. Am 01.12.1880, also nur 5 Jahre zuvor, waren es nur 29066, womit die Bevölkerung also in 5 Jahren um 4063 oder 13,97 pCt. zugenommen hat: 17583 männliche, 15546 weibliche, davon 2222 Knaben und 2220 Mädchen unter 6 Jahren. 31704 waren Protestanten, 1133 Katholiken, 233 Juden. Nach der letzten Volkszählung hatte sich der Anteil der Protestanten um 14,68 und der der Juden um 11 pCt. vermehrt. Wohnhäuser gab es 2124, woraus folgt, dass ca. 15 Einwohner in einem Haus wohnten.
An der Havel-Wasser- und der Reichsstraße Nr.1 (Königsberg-Aachen) hatte die Stadt schon immer eine günstige Lage.
Ab 7.8.1846 gab es dann bereits eine Eisenbahnverbindung von Berlin-Potsdam-Brandenburg nach Magdeburg und damit eine Anbindung an das deutsche Streckennetz, welches 1875 27930 km, 1895 dann schon 45560 km betrug und bis 1912 auf 58297! km enorm erweitert wurde.(Wikipedia)
Damit war die Stadt frühzeitig verkehrstechnisch gut erreichbar, natürlich auch von auswärtigen Radsportlern!
Es folgenden noch einige historische Fotos der Stadt, die mir freundlicherweise Herr Horst Müller aus Brandenburg aus seiner Sammlung zur Verfügung gestellt hat.
Carl Reichstein, ein Brandenurger Unternehmer mit Weit-blick, erkannte die Zeichen der Zeit!
So wie in Frankreich Peugeot und in England Rover, nahm z.B. in Deutschland, in der Stadt Brandenburg, das 1871 von den Brüdern Adolf, Hermann und Carl Reichstein gegründete „Brennabor-Werk“ später die Produktion von Fahrrädern auf.
Die Korbmacherfamilie hatte sich aus Potsdam kommend in der industriell aufstre-benden Stadt angesiedelt und produzierte zunächst vor allem stark nachgefragte Kinderwagen mit Korbwanne.
In einer Annonce von 1874 hatte diese Firma bereits für den Kauf von Kinder-Dreirädern geworben. Etwa um 1880 begann man hier zunächst, noch Hochräder in kleiner Stückzahl zu bauen. Hatten die radfahrbegeisterten "Reichstein-Brüder" doch schon auf eingeführten Hochrädern aus England zum Staunen der Bevöl-kerung tüchtig das Fahren geübt und praktiziert.
Doch schon in seinem Namen wird das Problem deutlich: Ein wackliges und somit allgemein nicht alltagstaugliches Vehikel infolge der Instabilität beim Fahren durch den sehr hochgelegenen Schwerpunkt.
"Wegen seiner Gefährlichkeit beim Fahren sei es eher ein „Sportgerät“ für junge Leute", formulierte es Carl Reichstein sen. damals passend.
Folgerichtig suchten auch in Brandenburg vorrangig junge Männer die Herausforderung in dieser „neuen“ Sportart. Nach der Entwicklung zum Niederrad nahm dann ab 1886 diese Firma die Massenproduktion von Fahrrädern dieses Typs mit zunächst ca. 6000 Stück im ersten Jahr auf. Die jährliche Produktion stieg in den folgenden 30 Jahren rasant auf ca. 115.000 Stück! Neben Brennabor, etablierten sich weitere Fahrradfirmen und Handwerksbetriebe in der Stadt mit Namen: Corona, Excelsior, Brandenburgia, Kondor, Alexander, Roland usw.
Als logische Folge daraus wurde auch bei der hiesigen Stadtbevölkerung dieses Fortbewegungsmittel alsbald sehr populär, zumal durch die Massenpruktion und die zunehmende Konkurrenz zwischen den Herstellern und Händlern die Preise sanken.
Der Radsport in Brandenburg vom Beginn um 1883 bis 1945 lässt sich etwa in fünf zeitliche Phasen einteilen:
In der 1. Phase wird der Umgang mit dem neuen Gerät entdeckt und geübt, dieses wird technisch schnell weiter-entwickelt (Hoch- zum Niederrad), Sportdisziplinen werden trainiert (Saal und Freiluft), Kontakte zu anderen Sportvereinen aufgenommen und gepflegt, an überregionalen Wettkämpfen teilgenommen und die Mitgliedschaft in den entstandenen Zentralverbänden (auf Gau- und Reichsebene) vollzogen. Aufgrund der verschiedenen Interes-sen kommt es zur Gründung mehrerer Vereine. Manche legen ihren Schwerpunkt mehr auf das Kunst-/ Corsofahren und andere wenden sich mehr dem Radsport auf Straße und Bahn zu. Bei allen Vereinen beob-achtet man in dieser Periode einen starken Hang zum Feiern rauschender Jahresfeste über welche in der Zeitung ausführlich und teils überschwänglich berichtet wird. Man versuchte die Attraktivität Jahr für Jahr noch zu steigern. Höhepunkt ist schließlich der Bau eines großen Sportparks mit Radrennbahn durch ein Konsortium brandenburger Unternehmer.
Die Phase 2 ist gekennzeichnet durch das von Beginn an Vorhandensein einer modernen Zement-Radrennbahn in einem luxuriösen Sportpark, der tausende Gäste an Sonn- und Feiertagen anzog. Dadurch liessen sich Einnah-men erzielen, die es möglich und notwendig machten, vor allem namhafte Berufsradsportler, also Vertreter einer Zunft, die sich inzwischen weltweit etabliert hatte und Fahrer mit Europa- und Weltmeister-Titeln in ihren Reihen sah, für die Rennen zu gewinnen. Gleichzeitig hatte auch die starke einheimische Fahrradindustrie (z.B. Brennabor, Corona, Excelsior) ein großes Interesse an dieser Entwicklung, wurde doch neben dem Sieger immer auch das Fahrrad genannt, ähnlich wie beim Pferderennen das Rennpferd (...gewonnen auf...!). Anfangs waren noch einige Brandenburger Fahrer, wie z.B. besonders Gustav Gräben, in der Lage, bei solchen Rennen, insbesondere hinter Motorschrittmachern, mit der häufig internationalen Konkurrenz aus Holland, Österreich, Frankreich, Italien, der Schweiz, Dänemark, Ungarn und sogar aus Amerika (USA) mitzuhalten. Doch durch den frühen, tragische Tod des jungen, zu den schönsten Hoffnungen berechtigenden Gustav Schadebrodt 1908 bei einem Rennen auf der Bahn in Treptow, wurde diese Ära jäh beendet, wenn auch noch einige Jahre bis zum Ausbruch des 1. Weltkrieges eine Reihe Brandenburger Fahrer aktiv und auch erfolgreich waren. Es wurden auch Amateurrennen auf Gau-Ebene oder Meisterschaften der Stadtvereine ausgetragen. Doch mit diesen Veranstaltungen war eben kein großes Geld mehr zu verdienen.
So blieb es bei vier bis sechs Großveranstaltungen pro Jahr, bei denen Fahrer wie: Robl-München, Dieckentmann-Amsterdam, Heller-Kopenhagen, Ryser-Schweiz u.v.a. starteten. Besonderes Aufsehen erregte damals auch der Start des farbigen Franzosen Vendredi und des Afro-Amerikaners Hedspath, welche in der Presse in der Sprache der damaligen Zeit als "Neger" sensationell angekündigt wurden.
Mit Beginn des I. Weltkrieges ging die stürmische 2. Phase im Sportpark zu Ende.
In dieser 3. Phase liest man im Brandenburger Anzeiger nur gelegentlich von Profirennen in Deutschland und Europa, bei denen die Sieger meistens auf Brennabor- Maschinen gewannen. Es machte sich offenbar durch die lange Kriegsdauer mit hohen Verlusten an jungen Soldaten eine Lethargie breit. Über lokalen Radsport wurde in den Kriegsjahren nichts mehr berichtet, da offenbar "alle" verfügbaren jungen Männer an den Fronten eingesetzt waren. Auch im Sportpark ruhte wohl der Radsport. Nach Ende des Krieges, im November 1918, kehrte das "Leben" nur langsam wieder auf der Radrennbahn zurück. Jedoch erst ab 1921 wurden für 2 Jahre wieder größere, auch internationale Rennen, veranstaltet.
Doch die Bahn sackte leider nach und nach auf dem weichen Untergrund der Havelwiesen ab, verkam immer mehr und wurde 1929 schließlich abgerissen. Das Geländ wurde einer Kleingartensparte übergeben, die wenigsten in ihrem Namen an den legendären Sportpark bis heute erinnert.(siehe auch weiter unten eigenes Kapitel Sportpark)
Die 4. Phase ist gekennzeichnet durch die enorme gesellschaftliche und technische Umwälzung, die der Krieg mit sich gebracht hatte. Viele jungen Männer waren bei den jahrelangen Schlachten gefallen oder schwer verwundet worden, was auch in den Radsportvereinen zu größeren "Lücken" an ehemaligen Leistungs-trägern führte. Zum anderen war inzwischen, und auch besonders durch den Krieg befördert, die Motorrad- und Auto-(massen)-produktion angelaufen.
Das Bürgertum "sattelte" nun von den Stahlrössern ohne, auf jene mit Motor um oder leistete sich bei genügendem "Kleingeld" ein motorisiertes Gefährt mit vier Rädern. Es kam nun auch zur Gründung eines Automo-bilsport-Vereins und Motorradsport-Clubs in der Stadt.
Die soziale Struktur der Radsport-Vereine veränderte sich. Der Radsport wurde mehr und mehr zum Sport der Arbeiter und Angestellten, deren Zahl bei der fortschreitenden Industrialisierung in der Havelstadt stark angestiegen war. Das Vereinsleben war nicht mehr so pompös, aber gefeiert wurde immer noch gern. Zwei Vereine dominierten diese Epoche in der Stadt:
Die Phase 5 beginnt mit der Machtübernahme in Deutschland durch die NSDAP 1933 und der damit verbundenen Gründung des 3. Deutsches Reiches. In wenigen Jahren verschwindet die Mehrzahl kleinerer Vereine, so auch im Radsport. In Zusammenhang mit der Vorbereitung auf die Olympischen Spiele 1936 in Berlin liest man vermehrt von Intensivierung des Sportbetriebes mit dem Ziel der Steigerung von sportlichen Leistungen zum Zwecke des Erringes von Edelmetall bei Olympia. Im Gefolge dieser Maßnahmen und der Umstrukturierung auf einen zentral gesteuerten Sportbetrieb im Deutschen Reich, blieben in Brandenburg an der Havel von den einstmals 28, nur noch zwei Radsport-Vereine über:
Im Erstgenannten wurde Saal- und Radwandersport betrieben. Der sportliche Leiter vom zweiten Verein war der ehemaligen Vereinsvorsitzenden der Vereinigung Brandenburger Rennfahrer von 1910, Otto Köpp.
In diesem Verein wurde ab 1938 bis 1944 vor allem Bahnradsport (Aschenbahn) auf sehr hohem Niveau betrieben. Das ist nicht verwunderlich, da Otto Köpp in jungen Jahren selbst noch auf der Rennbahn im Sportpark, ein erfolgreicher Bahnfahrer war. Vier der sechs Spitzenfahrer dieses Vereins "fielen" leider im II. Weltkrieg. (siehe dazu auch weiter unten)
In den folgenden Abschnitten werde ich versuchen, aus der Fülle des gesammelten Rohmaterials, ca. 150 DIN A Seiten, die wesentlichen Ereignisse dieses langen Zeitraumes chronologisch herauszufiltern.
Der Beginn des organisierten Radsportes in Brandenburg an der Havel
Von den Anfängen
Die Phase 1 von 1883 bis 1899:
Zunächst ein kurze Vorbemerkung zu den damaligen Regu-larien des Radsportbetriebs.
Der „Brandenburger Stadtanzeiger (BA)" berichtete unter der Rubrik „Lokales" und gelegentlich unter „Aus unseren und den benachbarten Kreisen“ gewöhnlich in der Mon-tagsausgabe über die sportlichen Aktivitäten der Region Bran-denburg und Westhavelland. Später wird durch Modernisierung des Erscheinungsbildes eine Seite mit „Turnen, Sport und Spiel“ mittwochs eingefügt. Die gestarteten Radsportler wurden in den Ergebnismeldungen alle sehr förmlich mit "Herr" genannt.
Bei den Straßenrennen gab es zunächst nur kleine „Startfel-der" mit 3-9 Teilnehmern, weil es reine "Club- oder Vereins-rennen"-Rennen waren. Um den sportlichen Reiz zu erhöhen veranstaltete man dann gelegentlich „Gästerennen" mit 10 – 20 Fahrern. Wegen der geringen Zahl der Teilnehmer hatte ein Rennen nur ein Gesamtergebnis. Deshalb gab es häufig Wettbewerbe mit einem Vorgabe-modus (Vg.): Der oder die leistungsstärksten Fahrer starteten „vom Mal", das heißt als Letzte, andere bekamen einen zeitlichen Vorsprung von mehreren Sekunden oder Minuten (berechnet nach Alter), manchmal auch in Metern eingeräumt. Der Grund dafür waren die Altersunterschiede (Altersfahrer/ Jugendfahrer Af./Jf.), die bekannte Leistungsstärke der Einzelnen (A-, B-, C-Fahrer) oder später auch das Material der Laufräder (Draht-, Wulst- oder Schlauchreifen, Df.,Wf.,Sf.). Bei einer Strecke von z.B. 120 km konnte die Vorgabe gestaffelt manchmal bis zu 16 Min. betragen. Das erhöhte den Gerechtigkeitssinn durch die angestrebte Chancengleichheit und den An-reiz für potentielle, auch ältere Teilnehmer, an solchen „Wettfahrten“ teilzunehmen. Manchmal übertrieb man es auch mit den Vorgaben, sodass im Rennbericht dieser Umstand auch erwähnt wurde. Prämiert wurden dann in der Reihenfolge des Einlaufs am Zielstrich (..übers Band...) und häufig zusätzlich der Fahrer mit der absolut besten Fahrzeit als "Zeitschnellster". Die "Preisvertheilung", so nannte man die Siegerehrung, wurde regelmäßig als kleines Fest in einem „guten Etablissement" mit gemeinsamen Essen und nicht selten mit anschließendem Tanz(kränzchen) veranstaltet. Auch der Ausdruck „Commers“ fiel gelegentlich. Die „Damen" der Fahrer wurden also von vorn herein in das Vereinsleben einbezogen, was natürlich die Toleranz diesem „neumodischen" Treiben gegenüber sehr förderlich war. Alsbald kam es dann bei den größeren gutbürgerlichen Vereinen zu opulenten Stiftungs- und Winter- oder Sommerfesten, bei denen man sich augenscheinlich gegenseitig übertreffen wollte. Diese herausragenden „Events" fanden weiter oben schon eine ausführliche Erwähnung. Der Brandenburger Anzeiger (BA) dient im gesamten nachfolgenden Text als Haupt-Quelle. Um die Originalzitate sichtbar zu machen, wurde der Text kursiv geschrieben und die damalig Rechtschreibweise belassen.
Manche Vereine legten ihren Schwerpunkt zunächst auf gemeinsame Ausfahrten in die Natur. Später kamen, wie oben beschrieben, der Saalradsport mit Kunst- und Rei-genfahren, Radball und Radpolo dazu.
Schon bei dem ersten Bundesfest, Gründung des B. D.-R., nahmen es die beiden Vereinsmitglieder des B. R.-V. v. 1884, die Sportskameraden P. Gebhard und C. Voigt sehr sportlich mit ihrer Teilnahme an der Gründungsversamm-lung am 17.8.1884 in Leipzig, denn sie fuhren mit ihren Fahrrädern dort hin. Auch bei der Teilnahme an späteren Bundestagen, z.B. 1888 in Wien legten die Delegierten aus Brandenburg, Ed. Reichstein und A. Tiede, den größten Teil der Strecke per Rover- bzw. per Hochrad zurück.
Jedoch gab es in dieser Phase natürlich auch in Brandenburg die ersten verwegenen "Leistungssportler", die noch mehr wollten. Bald wurden, nachweislich ab 1888, von Frühjahr bis Herbst regelmäßig Radrenn-Wett-kämpfe, anfangs über kürzere (1 bis 10), dann zunehmend auch längere Distanzen (50 bis 150 km) auf Landstraßen und Chausseen veranstaltet, die zunächst nur auf Vereinsebene organisiert und ausgetragen wurden.
In Brandenburg sammelten sich solche Talente besonders im Radfahrer-Verein "Vorwärts" von 1887, Radfahrer-Verein "Brennabor" von 1891 und dem Touren-Rennradfahrer-Verein von 1896.
Als ersten Bericht fand ich diesen:
BA.,Nr.213 Mo., 10. September 1888 (Originalschreibweise)
Unter lebhafter Betheiligung befreundeter Radfahrer, Brandenburger wie Genthiner, sowie Freunden des Radfahr-sports, fand gestern Nachmittag das Chaussee-Wettfahren des hiesigen Radfahrer-Vereins „Vorwärts“ auf der Strecke Plaue-Genthin statt. Es wurden 3 Fahrten veranstaltet:
Zweiradfahren mit Vorgabe (Vg.), Länge der Strecke 15 km (2 Meilen) mit Wendepunkt:
Herr Müller stürzte leider kurz vor dem Ziel, sonst hätte er voraussichtlich den 1. Preis erhalten.
Sicherheitsmaschinen-Rennen mit Vg. über 15 km (2 Meilen) mit Wendepunkt: 1. Preis Köhler (2 Min. Vg.) 38 Min., 34 Sec., 2. Rettig (4 Min. Vg.) 42 Min., 23 Sec., 3. Nitsche (vom Mal) 40 Min., 32 Sec., 4. Sendsitzky (vom Mal) 40 Min., 33 Sec.,
Dreiradfahren über 5 km mit Wendepunkt: 1. Müller 13 Min., 2. Tobbin 14 Min., 02 Sec., 3.Schröder 15 Min., 13 Sec.
Bei allen Rennen war vom Wendepunkt zurück mit sehr starkem Gegenwind zu kämpfen.
Die Zeit des Hochradfahrens war durch den technischen Fortschritt auch in Brandenburg abgelaufen.
BA., Nr.161 am 14. Juli.1891: Das Gäste-Rennen des Radfahrer-Vereins „Vorwärts“ bei Plaue verlief trotz strömenden Regens pro-grammmäßig. Sie gestalteten sich interessant, denn die Niederräder mit Hohlgummi (*reifen) erwiesen sich als gefährliche Gegner, und es konnte sich der vorzügliche Hochradfahrer Fischer nur mit einer Radlänge an der Spitze behaupten. Fünf Rennen wurden ausgetragen mit jeweils 3 Startern:
Vorgaberennen für Hochrad, 5000 m mit Wendepunkt: 1. Fischer-Potsdam (vom Mal) 11:48 Min.
Vorgaberennen für Niederrad: 1. Prüferi (100m Vorgabe) 11:46 Min.
Langsamfahren für Hochrad 100 m: 1. L. Hintze 2:25 Min.
Langsamfahren für Niederrad: 1. Prüferi 3:40 Min.
Hauptfahren, 7500 m ohne Wendepunkt: 1. Fischer (Hochrad) in 16:35 Min.
Die Preisverleihung im Voigt`schen Lokale in Plaue und der anschließende Tanz hielt die Teilnehmer und Gäste noch lange zusammen.
Die einzelnen Disziplinen muten heutzutage natürlich etwas abenteuerlich an.
Die Vereine veranstalteten zunächst ihre eigenen Meisterschaften. Dabei war die Teilnehmerzahl mit 3 bis 10 Fahrern noch gering. Später erweiterte man den Kreis der Starter durch Einladung von Fahrern „befreundeter" Vereine zu sogenannten Gästerennen. Gute Kontakte wurden auch zu den Nachbarregionen Magdeburg, Burg, Genthin, Rathenow, "Neu-Ruppin", Ketzin, Nauen, Potsdam, Wannsee und Charlottenburg gepflegt, wo eine ähnliche Entwicklung, wie in Brandenburg/ Havel, teils früher oder später stattgefunden hatte.
Durch den Anschluss an die inzwischen gegründeten deutschen Dachverbänden: (D.R.-B.) und (A.R.U.), wie oben bereits beschrieben, nahmen dann die überregionalen Veranstaltungen: Radrennen und Kunstradfahrwettbewerben bei den großartig organisierten Winterfesten der Gaue, wie in Hamburg, München, Leizig, Cassel oder Berlin zu.
Später veranstalteten die Unterorganisationen (Orts- in den Gau-Verbände) ebenfalls für ihre Mitglieder überregionale bis hin zu deutschlandweit ausgeschriebene (offene) Radrennen als Großveranstaltungen oder Meisterschaften.
Noch vor dem I. Weltkrieg kam es zu weiteren Gründungen mit der Vereinigung Brandenburger Radrennfahrer von 1910 und dem Arbeiter-Radrennfahrer-Club „Endspurt“ von 1913. Schließlich liest man noch vom Radrenn-Club „Olympia" von 1920, Brandenburger Rad-Rennfahrer- Club „Semper“ und Radrenn- und Tourenklub „Mifa“ 1927.
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 änderte sich die bunte Vereinstruktur, sodass letztendlich bis 1945 nur zwei Vereine überlebt haben. Der Sport wurde zentralistisch organisiert im Großen, wie im Kleinen. Man wollte keine "Vereinsmeierei" mehr und legt mehr Wert auf sportliche Höchstleistung von den Jugendlichen bis zu den Spitzensportlern, um, wie bei den Olympischen Spielen 1936 in Berlin, die Überlegenheit des Systems auch durch sportliche Erfolge zu unterstreichen. Wer in der DDR gelebt hat, weiß was damit gemeint ist.
Mehr Informationen aus der "Gründerzeit" des Radsports in Brandenburg bis 1899 hier.
Doch nun weiter der Reihe nach!
Im Vereinsleben wurden die Informationen über die anstehenden Termine: Ausfahrten, Club-Touren, Saalfahren und Training usw., sowie Einladun-gen zu Festveranstaltungen über die Tages-presse (Brandenburger Anzeiger) geschaltet. Auch andere Vereine mit Sportarten, wie Tennis, Rudern und Turnen wählten diesen damals sehr modernen Weg. Einige Annoncen aus dem Branden-burger Anzeiger belegen die rege Informationstätigkeit der Vereine an ihre Mitglieder. Der R.-V. "Vorwärts" von 1887 hat häufig solche Annoncen geschaltet. Zwischen 1881 und 1886 wurde begonnen in Deutschland ein Telefonnetz aufzubauen. Zunächst entstanden in großen Städten (Berlin, Hamburg, Breslau) lokale Netze. Ab 1886 wurden erste Fernverbindungen geschaltet. (Wiki).
Auf einer Werbeannonce im Jahre 1888 der Firma, Kondor-Fahrrad-Werk von A.L. Liepe & Breest, steht u.a.: Fernsprecher No. 121. Daraus darf man wohl schließen, das zu diesem Zeitpunkt in der Stadt mindestens 121 Telefonanschlüsse vorhanden gewesen sein müssen, vermutlich mehr!
Hier folgen einige Beispiele der wöchentlich erscheinenden Annoncen.
Zum Standard jener Zeit gehörte es, dass jeder Radfahrer-Verein ein Vereinslokal ausgewiesen hatte. Hier traf man sich regelmäßig nach einem Zeitplan in "seinem" Vereinslokal, geschützt vor den Blicken anderer Gäste im Vereinszimmer. Noch in "Ermangelung eines Telefons usw." mussten Besprechungen ohnehin vis-a-vis bei einem persönlichen Zusammentreffen erfolgen. Da auch Radio und Fernsehapparat niemanden von einem Treffen mit Gleichgesinnten abhielten, war eine Versammlung, verbunden mit einem guten Glas Bier + Abendessen, eine willkommene Abwechslung im wöchentlichen Arbeitsalltag. Im Laufe der Jahre wechselten manche Vereine ihr Etablissement, was sicher mit Angeboten im Preis-/ Leistungsverhältnis zusammenhing.
In diesen Lokalitäten fanden in den meistens angemieteten Räumen Versammlungen, Preisverleihungen (wir sagen heute Siegerehrungen), sowie kleine und größere Feste (Winter- und Stiftungsfeste) statt. Außerdem wurden dort die Pokale und sonstigen allgemeinen Ehrenpreise der Vereinsmannschaften aufbewahrt. Natürlich hatte das Vereinsbanner einen würdigen und repräsentativen Platz. Es wurde bei Umzügen dem Verein vorangetragen oder bei Vereinsrennen an Start und Ziel aufgepflanzt.
Arno Tiede und Paul Tiede waren die Enkel von Carl Ludwig August Tiede, der bereits 1845 die Burgmühle auf der Dominsel erworben hatte. Sie erwarben zusätzlich im Jahre 1898 die im Jahre 1879 durch Brand zerstörte Krakauer Mühle und gründeten nach weiterem Zukauf die "Vereinigten Brandenburger Mühlenwerke" zu denen auch die Deutschen Kekswerke an der Krakauer Straße gehörten, die heute nicht mehr existieren.(Quelle H.M. Waßerroth, Die Wassermühlen)
Er war der 5. Vorsitzende des Brandenburger R.-V. von 1884 und radsportlich als Hobbyfahrer aktiv. Als erfolgreicher Geschäftsmann engagierte er sich sehr in dem ersten Verein seiner Heimatstadt. Infolge seiner kaufmännischen und sportlichen Fähigkeiten und seines guten Rufes, wurde er in die Führungsgremien des D.R-.B. gewählt und hatte dort den Vorsitz des Sportausschuss inne. (siehe nebenstehende Abbildung)
Ganz wichtig für den Zusammenhalt waren gemeinsame jähr-liche Sommer-, Winter- und Stiftungsfeste zu welchen Gönner (heute schlicht Sponsoren genannt) und sonstige Freunde und Honoritäten der Stadt sowie Mitglieder befreundeter Vereine eingeladen wurden. Dabei konnten auch die Erfolge des eigenen Vereins präsentiert werden. Der Saal-Radsport nahm in den Anfangsjahren einen breiten Raum ein, da er sich auch gut für die Umrahmung und Unterhaltung der belieb-ten Vereinsfeste eignete und wetterunabhängig war. Außerdem war der Wege- und Straßenausbau nocht nicht weit genug fort-geschritten.
In allen Vereinen wurden neben der sportlichen Betätigung vor allem auch die sozialen Kontakte bei den jährlich wiederkehrenden Festen gepflegt. Vor allem in den Anfangsjahren wurde darüber in der Lokalzeitung ausgiebig berichtet, weil es offensichtlich heraus-ragende gesellschaftliche Ereignisse im Leben der aufstrebenden Stadt waren.
Hier folgen einige Beispiele, wie im Brandenburger Anzeiger (BA) damals über solche Feste ge-schrieben wurde:
Ein Gala-Fest des Brandenburger Radfahrer-Vereins von 1884 am 7.1.1896 im hiesigen Sommertheater mit vielen Darbietungen von in- und ausländischen Künstlern und Radakrobaten fand einen regen Zuspruch. Es waren ca. 1000 Personen auf „Ahlerts Berg" (heute Teil des Marien-krankenhauses) anwesend. Die Kunstraddarbietungen hätten die Zuschauer sehr erfreut, aber besonders begeisterte der Serpentinentanz einer auswärtigen Künstlerin. Anschließend folgte ein festlicher „Ball“. Der Einnahmeüberschuss soll an die „Armen" der Stadt überwiesen werden, womit die soziale Kompetenz des Vereins deutlich unterstrichen wurde.
Am 23. Juni 1896 beteiligte sich dieser B.R.V. von 1884 an einem Corso-Fest des Radfahr-vereins Rathenow 1886, der sein 10jähriges Stiftungsfest feierte und errang als ersten Preis einen silbernen Pokal. Aus Brandenburg nahm auch eine Kunstradfahr-Damenmannschaft teil, welche mit ihren eleganten blauen Kostümen den besten Eindruck hinterließ.
Am 18. Januar 1897 wird vom XII. Gala- Costüm-Fest desselben Vereins von 1884 im großen Saal von Ahlert's Berg berichtet. Es fanden Saalradsportvorführungen einzeln und in Gruppen statt. Der Ball wurde mit einer Polonaise von 120 Paaren gegen Mitternacht eröffnet. Das Deutsche Centenar-Sport-Fest fand vom 17.-20. Juni 1897 in Berlin statt aus Anlass des 100. Geburtstags von Kaiser Wilhelm I. von Preußen. Hierbei errang der B.-R.V. v.1884 den Kaiserpreis: Die Herren Hollerbaum, Kindel, Klewitz, Riese, Sauerland, Schmidt, Seyfarth und Voigt fuhren sehr exakt eine Niederrad-Quadrille. Der Pokal war ein Metallschild "Seiner Majestät Kaiser Wilhelm I.". Die Preise sind im Schaufenster von Hermann Schüler ausgestellt. Für die erreichte hohe Wertungspunktzahl dem Verein ein kräftiges „All Heil". Das war der "Begrüßungsruf" der Radfahrervereine.
Die später gegründeten Vereine kopierten häufig das Vereinleben bezüglich der Jahresfeste, haben wohlaber diesen Glanz nie mehr erreicht..
Am 2.10. 1897 hielt der Brandenburger Tourenradfahrer-Verein 1896 im festlich ge-schmückten Saale des „Hohenzollern Parks"......weiterlesen
Wie bereits erwähnt, wurde zunächst der Saalradsport im Einer- und Gruppenkunstfahren (Hoch- und Niederradquadrille) ab 1884 als Leistungssport betrieben. Einige Vertreter dieser Disziplin brachten es seit den Anfangsjahren zu großer Meisterschaft.
In Brandenburg war Ernst Gärtner, der es zu hohen Meister-ehren brachte. Er war in den Corona-Fahrrad-Werken beschäftigt. Da ich kein Bildmaterial von ihm finden konnte, soll ein anderer Großer seiner Zeit, der Weltmeister von 1895, Gustav Döring, aus Oberoderwitz, stellvertretend uns einen Meisterfahrer in Erinnerung zurück rufen.
Kunstradfahren als Saalradsport wurde traditionell oft in größeren Dörfern und Kleinstädten betrieben. Die Grenze zur Artistik war dabei fließend, weshalb manchmal der sportliche Wert in Frage gestellt wurde. Für die Umrahmung von Vereinsfesten eignete sich diese Sportart aber hervorragend, weil solche Leistungen sonst nur im Varieté zu sehen waren.
In Ermangelung von Bildmaterial aus dieser Zeit sollen anhand von Aufnahmen aus den frühen 50ern einige Beispiele gezeigt werden, damit man sich den Ablauf dieser Radsportdisziplinen besser vorstellen kann.
Ein Preisgericht (heute Wettkampfausschuss) bewertete die Übungen mittels Punktevergabe nach Schwierigkeitsgrag und Ausführung, ähnlich dem Eiskunstlaufsport.
Bei Radball und Radpolo sah es ähnlich aus, wobei beim Radballspiel, das bis heute noch intensiver gepflegt wird, der sportliche Aspekt deutlicher zu Tage tritt.
Auf der Straße war das "Corso-Fahren" zunächst die angesagte Radsportdisziplin. Dabei wurde das Fahren in einer Gruppe nach Punkten bewertet. Es galt den "schneidigsten, sichersten, elegantesten und correctesten Corso" zu fahren. Corso (auch Korso) = festlicher Umzug mit Wagen und Gespann.
Vielleicht war auch das noch eine Erinnerung an den Pferdesport, bei dem es bei Mehrspänner-Dis-ziplinen auch darum geht, die "Pferde-Gruppe" diszipliniert und elegant über den Pacours zu führen?
Durch den zunehmenden Ausbau von Fernstraßen, Chausseen und Wegen, sowie dem Beginn des Baues von Radrennbahnen, wurde auch der Straßen- und Bahnradsport (ab 1888), wie überall in Europa und Deutschland, so auch in Brandenburg immer populärer und verstärkt aktiv betrieben.
Bewundernswert waren dabei besonders die Männer, welche die langen Straßenrennen, sogenannte Fernfahrten, über 200 bis 500 km fuhren.
Vorort wurden zunächst Kurzstrecken (von 5 bis 15 km), aber dann auch zunehmend Rennen zwischen 50 bis 150 km gefahren. Sieger oder sonstige erfolgreiche Fahrer bis 1900, die in den Berichten von den lokalen Rennen genannt wurden, waren z.B.: Die Brüder (oder waren es Vater und Sohn?) Willy und Oskar Stern, Nitsche, Hans Köppen, ein Herr Köhn, Max Grubert, Fritz Seyfarth, Köhler, Fritz Ruhle, Reinhold Rößler, Carl Voigt, Fritz Schnelle, Paul Kaußmann, Otto Deickert, Georg Schmidt, Hans Demohn, Hans Dumzlaff, Paul Göricke. Die Sportler waren Amateure und von Beruf häufig Geschäftsleute der Stadt.
In Brandenburg sammelten sich solche Talente besonders im Radfahrer-Verein "Vorwärts" von 1887, Radfahrer-Verein "Brennabor" von 1891 und dem Touren-Rennradfahrer- Verein von 1896.
Aber es gab auch einige Fahrer hier, die zu den deutschen Spitzen-Fahrern oder Herrenfahrern, wie sie auch genannt wurden, gehörten. Dazu im nächsten Abschnitt mehr.
Die folgenden Abbildungen von Annoncen zeigen auch einige Namen der radsporttreibenden Gerschäftsleute.
3.4.1. Die D i s t a n z - Fahrer
Die "langen Kanten" bestritten Fritz Lauenroth (z.B. 5 x Leipzig-Dresden), Johannes Pundt (u.a. 2. Rund um Berlin hinter Schritt-macher) sowie Paul Gericke (Dritter bei Hamburg-Berlin) und Gustav Gräben (2x Sieger "Rund um Berlin, 1x Hamburg-Berlin).
Die meisten Informationen liegen mir aber über Gustav Gräben vor, dessen zweimaliges "Auftauchen" in einer Siegerliste bei "Rund um Berlin" in der "Radsport-Woche" Nr. 40, 1961 mein Interesse geweckt hatte und Hauptursache für die Nachforschungen war. Ihm möchte ich deshalb weiter unten einen ausführlicheren Teil widmen.
Doch zunächst kurz zu den anderen drei deutschen Meisterfahrern, auch Herrenfahrer, wie sie damals klassifiziert worden sind, aus Brandenburg.
Text im Original: Am 12.10.1892 veranstaltete die Redaction des Sportblattes „Stahlrad“ in Leipzig ein 500 Kilometer-Rennen auf der Chaussee Leipzig nach Dresden. Die 100 km-Strecke sollte fünfmal gefahren werden. 13 Teilnehmer.
Brandenburger Anzeiger Nr. 243 am Montag, den 17.9. 1892 ... weiterlesen
*Bei Zitaten aus dem „Brandenburger Anzeiger“ (BA) wird die originale Schreibweise teilweise belassen.
Als ich mir vornahm, auf dieser Homepage etwas mehr Licht in das Dunkel der langen Geschichte des Radsports in Brandenburg an der Havel zu bringen, begonnen bei den historischen Wurzeln am Anfang der 80er Jahren des 19. Jahrhunderts bis zum Ende des II. Weltkrieges 1945, fiel mir der Name G. Gräben aus Brandenburg wieder ein. Diesen hatte ich 1961 als jugendlicher Radsportler in unserer damaligen DDR-Fachzeitung „Radsport-Woche“ am Anfang der Siegerliste des früheren deutschen Straßenklassikers, "Rund um Berlin", der mit Unterbrechungen letztmalig 2008 ausgetragen worden war, gelesen. Damals ahnte ich natürlich noch nicht, dass Brandenburg einmal die Stadt sein würde, in der ich auf Dauer leben und arbeiten würde.
Besagter Gräben hatte die beiden ersten Austragungen 1896 und 97 gewonnen. Immerhin betrug die Distanz des Rennens damals 320 km , welche auf Rädern ohne Gangschaltung bewältigen musste, führte über teils schlechte, aufgeweichte Wege und holprige Straßen, und so etwas fährt man nicht mal so nebenbei! Das war der sichere Beleg, dass diese Männer gut trainiert waren und somit schon zu jener Zeit in der Havelstadt Radrennsport auf sehr hohem Leistungsniveau betrieben worden sein musste. Dafür sprach auch die Tatsache, dass in einem Sportpark an der Plane ab 1899 für fast 25 Jahre eine Beton-Radrennbahn vorhanden war, auf der damals einige der besten Berufsradfahrer Europas und der Welt Rennen austrugen. Ja selbst aus Übersee waren Spitzenfahrer am Start. Darüber hatte u.a. Kurt Wilhelm in einer hiesigen Tageszeitung geschrieben. Namen von Radsportlern aus Brandenburg jener Jahre nannte er nicht.
Ein Kurzbericht 2008 im „Preußenspiegel“ über ein Radrennen im Jahre 1908 auf der Sportpark-Bahn unter der Rubrik, „Vor hundert Jahren“, gab den „Brandenburger Stadtanzeiger“ dafür als Quelle an. Das machte mich neugierig, und dann entschloss ich mich, diese Quelle kräftig sprudeln zu lassen!
Aber, wer war nun dieser G. Gräben?
Nie wieder hatte ich über ihn etwas gelesen, und somit war „G. G.“ für mich ein bisschen zum Phantom geworden. Auch die ältesten noch lebenden ehemaligen Radsportler in der Stadt Brandenburg, wie Erich Peter (94), kannten diesen Namen nicht. Das war also für mich der Kenntnisstand Anfang 2016 und Anlass, auf intensivere Suche zu gehen! Durch die Nachforschung in unserem Stadtarchiv, wo der „Brandenburger Anzeiger“ (BA.) seit seinem ersten Erscheinen 1809 bis zu seiner Einstellung 1945 fast vollständig aufbewahrt wird, hat sich das nun glücklicherweise schlagartig geändert. Da las ich sehr gespannt viele interessante, mit altertümlichen Fraktur-Lettern geschriebene, Informationen über diesen „Brandenburger Radsportpionier“ und die vielen anderen Sportler, die 60 Jahre Radsport-geschichte in Brandenburg an der Havel mitgeschrieben haben. Auf den als Negativ mikroverfilmten Seiten in unterschiedlicher Qualität fanden sich in den Anfangsjahren vor 1900 meistens unter der Rubrik „Lokales“ Texte, die auch über radsportliche Ereignisse berichteten. (Original-Text kursiv hervorgehoben, Schreibweise belassen)
Der folgende Text ist stark gekürzt. Bei mehr Interesse bitte Langtext am Ende anklicken.
Einleitend sei an dieser Stelle zunächst daran erinnert, dass es in Brandenburg vermutlich seit dem Eintreffen der Familie Reichstein in den 70ern des 19.Jh. schon Hochrad gefahren wurde und aus dem nahen Magdeburg (1869) und Berlin (1883) die Kunde vom Radsporttreiben in Vereinen Brandenburg postwendend erreicht hat. Die Brüder Eduard und Carl Reichstein jun. gehörten damals, neben so manchem anderen bekannten Brandenburger, zu den eifrigsten Zweiradfahrern.
Einige Zeit benötigt man in den alten Gemäuern der ehemaligen Brennerbor-Werke, in denen sich unser Stadt-archiv heute befindet, um sich einzulesen.
Zunächst ging es etwas mysteriös los mit drei Herren aus Brandenburg, die im Juli 1888, wie im „Thüringer Hausfreund“ berichtet wurde, mit dem Fahrrad auf dem Inselsberg angetroffen wurden. Die drei Velocipedisten mit Nachnameninitialen (Datenschutz!) B., G. und Sch. seien mit dem Dreirad ohne Benutzung der Eisenbahn die Strecke Brandenburg - Naumburg - Ilmenau - Oberhof - Inselsberg und von hier über Ruhla nach Eisenach in 8 Tagen gereist. Eine Vermutung liegt nahe, dass es sich bei einem der drei Verwegenen, nämlich hinter dem „G.“, der Herr Gräben verbarg. Schließlich war für solche eine Reise doch eine sehr gute Kondition notwendig! (BA.,Nr.171, 24.7.1888)
Die folgende, etwas verworrene Posse, fand ich als Nächstes im (BA.), welche den erbitterten Konkurrenz-kampf „Brennabor versus Corona“ betraf: Angeregt durch eine angekündigte Fahrrad-Rekordwettfahrt Magdeburg–Berlin wetteten einige Mitglieder des „Brandenburger Radfahrer-Vereins „Vorwärts 1887“, dass sie selbst in 7 Std. diese Strecke fahren könnten und deshalb ein Fahrer von ihnen die Wettfahrt als Beobachter begleiten sollte. Nach Abfahrt früh um 1 Uhr in Magdeburg wurde die 150 km lange Strecke in 6 Std. und 25 Min. auf einer 17 kg schweren Maschine von Gebr. Reichstein zurückgelegt, entsprechend einem Durchschnitt von 25 km in der Stunde.
Soweit, so gut! Der Fahrer von „Vorwärts“, welcher den schnellen Rekord-Zeitfahrer begleitet hatte, sei in der Dunkelheit zweimal gestürzt, was schließlich zum Zusammenbruch seiner „Corona Fabri–Maschine“ geführt habe. Zwei Tage später liest man in einem bitterbösen Leserbrief vom Besitzer und Chef des Corona-Werks, Adolf Schmidt, u.a., dass er den Fahrer, der leihweise die Corona-Maschine gefahren habe, mit Herr „G.“ bezeichnet. Im Übrigen sah er in dem Bericht den Versuch einer üblen Geschäftsschädigung was ein nicht gerade angenehmes (juristisches?) Nachspiel finden werde (BA.,Nr.151,31.7.1892). Auch hier deutet das „G.“ darauf hin, dass es sich wieder um Herrn „Gräben“ gehandelt haben könnte, da er doch zeitweise Mitglied des Brandenburger R.-V. „Vorwärts“ war.
Dann endlich lüftete sich der "Vorhang" mit der Meldung: Am 7.9.1893 hielt der B. R.-V. „Vorwärts" von 1887“ eine Club-Dauerfahrt über 85 km ab: 1. Gustav Gräben in 2:58, 45 Std., 2. Oskar Stern (2:58,46). Die gute Zeit des Siegers habe bewiesen, dass sich „Vorwärts“ nicht nur beim Saalfahren und Corso, sondern auch beim Dauerfahren in die Reihe der hervorragenden Vereine stellen darf (BA.,Nr.184,8.8.1893). Nun endlich las ich den Namen „Gustav Gräben“ als Sieger eines Rennens schwarz auf weiß!
Am 15.7.1894 führte „Vorwärts“ ein Rennen über große Entfernung auf der Strecke Brandenburg-Rathenow-Genthin-Brandenburg, welches Herr Gräben mit großem Vorsprung von 25 Minuten vor den Herren Kaußmann und Deickert gewonnen hat. In froher Stimmung über die schönen sportlichen Leistungen blieb der Verein noch lange beisammen. Ähnlich mit diesem Satz endete fast jeder Bericht (BA.,Nr.164, 16.7.1894).
Vereinswechsel: Vom B. R.-V. "Vorwärts" v. 1887 in den Brandenburger Tourenfahrer-Verein von 1896.
Am 21. und 27.5.1896 passierten die Teilnehmer der "Distanzwettfahrt Hannover-Berlin-Hannover" über 300 km vormittags Brandenburg, wo die Zeitkontrolle und Verpfle-gungsstelle waren. Vielleicht war die Bewunderung für diese „Meisterfahrer“ auch die Initial-zündung für die Gründung eines weiteren Vereins mit dem programmatischen Namen: Brandenburger-Tourenfahrer-Verein von 1896 (B.T.-V. von 1896) in den auch Gustav Gräben von "Vorwärts" kommend, überwechselte. (BA.,Nr.118, 1896).
Neun Jahre später, nachdem ich diese Vermutung niedergeschrieben habe, fand ich nun eine Quelle von 1897, die besagt, dass ein Dachdeckermeister Hermann Gräben, der auch in der "Kleinen Gartenstraße", wie Gustav wohnte, zu dieser Zeit Vorsitzender dieses Vereins war. Sicher kein Zufall. Gräbens Vater hieß Johann, Heinrich, Gustav, was eher darauf hindeutet, dass Hermann ein Onkel oder ältere Bruder war?
Bei einem Vorgabe-Rennen am 8.8.1996 über 50 km Brandenburg-Genthin und zurück mit 10 Startern siegte erneut in 1:40 Std. (vom Mal) Herr G. Gräben vor Herrn Voß (1:42 ½ Std.). Abends war die „Preisvertheilung“, so nannte man damals die Siegerehrung im Kreise der Damen und mit Freunden des Vereins bei Musik und Tanz bis nach Mitternacht! (BA.,Nr.187, 11.8.1896)
Dann folgte das spannendste, ein, nein mein Aha-Erlebnis: Der Bericht von der Distanzfahrt „Rund um Berlin“ am 6.9.1896, bei der 48 Fahrer eine Strecke von 320 km unter den denkbar schwierigsten Witterungs- und Wegeverhältnissen zurückzulegen hatten. Herr G. Gräben aus Brandenburg ging nach 14 Std. 19 Min. als Sieger hervor. Er, sowohl wie sein Rad „Brennabor 14“ aus der Fabrik der Gebr. Reichstein, welches er ohne Wechsel auf der ganzen Fahrt benutzte, zeigten sich am Endziel in tadellosester Verfassung (BA.Nr.210, 7.9.1896).
An der Stelle in der Stadt Zossen, wo sich die Starter 1896 zum ersten Rund um Berlin aufstellten, wurde 2019 vom Radsportfreundeskreis Berlin-Brandenburg ein Gedenktafel errichtet.
G. Gräben, der erste, aus Brandenburg an der Havel stammende „Rund um Berlin“-Sieger, „stand plötzlich“ vor mir, ohne dass ich je ein Bild von ihm gesehen hatte. Das sollte damals, 2016, noch vier Jahre dauern! Nun ging es, ähnlich wie beim erfolgreichen Pilzesuchen, Schlag auf Schlag weiter mit den Funden, und ich freute mich anfangs 2016 auf jeden Donnerstag, denn das war mein 8stündiger „Archiv-Tag“. Langsam verstand ich den Ablauf der damaligen Radsport-Saisons und die Philosophie, welche die verschiedenen Vereine in ihrem Zusammenleben an-strebten.
Man liest, dass aus Anlass des 3. Stiftungsfestes des Neu-Ruppiner R.-V. „Wanderer“ am 20.9.96 u.a. ein 25 km Rennen von Neu-Ruppin–Katerbow und zurück für Bundes-Mitglieder mit 13 erstklassigen Fahrern veranstaltet wurde. Es gewann Herr Paul Kotsch ( Zweiter bei Hamburg-Berlin hinter Gräben) von „Kyritzer R.-V.“, vor Herrn Fritz Schnelle vom B. R. V. „Vorwärts“ v. 1887. Dritter wurde Herr Gustav Gräben vom Brandenburger T.-R.-V. v. 1896. Alle fuhren natürlich auf Brennabor-Rädern (BA., Nr.223, 22.9.1896).
Bei der Fernfahrt „Hamburg-Berlin“ über 258,8 km am 12.9. 1897 waren erneut 48, offenbar die besten damaligen „Herrenfahrer“ Deutschlands am Start. Sieger wurde Herr Gustav Gräben vom Branden-burger T.-R.-V. v. 1896 in der vorzüglichen Zeit von 10 Std, 30 ½ Min. Der genannte Fahrer siegte auch 1896/97 bei der Fernfahrt „Rund um Berlin“ über 320 km und dürfte den Anspruch darauf haben können, als bester Fernfahrer des Deutschen Radfahrerbundes bezeichnet zu werden. Auch hier die unbedingte Erwähnung: „Brennabor-Maschinen. Fahrer und Rad gingen bei allen genannten Fernfahrten in tadelloser Verfassung durchs Ziel (BA.,Nr.214, 9.9.1897).
Im BA. stellt man euphorisch fest: Die Radfahrer der Stadt Brandenburgs scheinen gegenwärtig eine gewisse Überlegenheit gegenüber den Fahrern der weiteren Umgebung zu besitzen, denn jeder Sonntag bringt neue Siege von Brandenburgern bei den Veranstaltungen des Gaus und den benachbarten Vereinen. Die Herren Gustav Gräben und Reinhold Rößler vom B.T.-R.-V. v. 1896, haben bei dem 10 km Gästerennen des Neuruppiner R.-V. „Wanderer“ bei einer Konkurrenz von 15 Fahrern mit ca. 1 km Vorsprung auf ihren Brennabor-Rädern den 1. und 2. Platz errungen (BA.,Nr.226, 27.9.1897).
Die Zweitauflage von „Rund um Berlin“: Bei dieser Fernfahrt am 29.8.1897, bei der R. Engelhardt vor G. Gräben aus Brandenburg durch das Ziel gegangen war, wurde gegen Engelhardt sofort Protest wegen des Benutzens von Schrittmachern eingelegt. Der Vorstand des Gaues 20 (Berlin) hat nunmehr den Protest als berechtigt anerkannt und unter Disqualifikation Engelhardts Gustav Gräben den ersten Preis zuerkannt (BA.,Nr.241,14.10.1897).
Bei seinen Siegen über die "langen Kanten" Rund um Berlin 1896 über 320 km und Hamburg nach Berlin 1897 über 258,8 km lag der Schnitt bei 22,4 bzw. 24,6 km/h. In den Rennberichten kam immer der Hinweis auf die tadellosen Brennabor-Räder, welche ohne „Defect“ blieben, sicher als Hinweis zu sehen, dass die Fa. Brennabor seine Werbeträger auch in irgend einer Form „gesponsert" hat.
Brandenburger Anzeiger Nr.113, Montag, den16.5.1898
Der Brandenburger-Tourenradfahrer-Verein von 1896 hat gestern den Reigen der sportlichen Veranstaltungen unserer Radfahrer-Vereine in diesem Sommerhalbjahr eröffnet. Es wurden 50 und 10 Kilometer-Rennen zur Hebung dieses edlen Sports in unserer Stadt veranstaltet, die in jeder Beziehung den wohl-verdiente Erfolg zu verzeichnen hatten. Die besten Dauer- und Rennfahrer traten an und bekamen Konkurrenz von Fahrern aus Berlin, Charlottenburg, Potsdam, Rathenow, Havelberg, Spandau, Adlershof, Hötensleben, Nauen, Rixdorf, Friedenau, Kyritz und Magdeburg. Selbst aus dem benachbarten Herzogtum Anhalt, aus Cöthen, waren Sportsgenossen erschienen.
Die am Vormittag eintreffenden Radler trafen sich im Vereinslokal des „Brandenburger Touren- Rennfahrer-Verein“ im „Hotel zum Schwan“. Um ½ 2 Uhr ordneten sich dort 160 Fahrer Radfahrer und Radfahrerinnen zu einer Corsofahrt. Eine Musikkapelle vornweg, durch die Stein-, Jacob- und Wilhelmsdorfer Straße in langsamen Tempo bis Wilhelmsdorf, wo das Rennen am Kilometer 6,8 seinen Anfang nahm. Die Rennen nahmen bei denkbar günstiger Witterung einen überaus guten Verlauf. Für die 50 km von Wilhelmsdorf nach Ziesar und zurück waren 51 Meldungen eingegangen, während bei den 10 km 23 Fahrer starten wollten. Acht wertvolle Ehrenpreise waren für die 50 Kilometer-Rennen gestiftet worden, wobei der 1. Preis eine Standuhr im Werte von 75 Mk. repräsentirte. Als beste Fahrer gingen aus dem heißen Rennen hervor die Herren:
Beim 10 Kilometer-Rennen gab es vier Ehrenpreise. Wegen der vielen Teilnehmer gab es 3 Vorläufe zu 2 km. Sieger im Entscheidungslauf der Herren wurde
Während des Rennens standen die enragirten Sportsmen am Start und Ziel und harrten mit Spannung auf den Ausgang des Rennens.
Das übrige zahlreiche Publikum saß im Garten (NeuerKrug?) des Herrn Rohmann auf das Beste bei einem guten Glas Bier. Die bestplatzierten Fahrer erhielten nach dem Zieleinlauf große Kränze mit langen Schleifen. Dann erfolgte die Rückfahrt zum Vereinslokal gegen 7 Uhr. Die Ehrenpreise waren im schön decorirten Saal aufgebaut. Dort trafen sich Radler noch zu einem Commers. Beim offiziellen Commers gab es noch einige Concertstücke und einen Vortrag des Vereinsvorsitzenden, Curt Müller, der ein großes Fahrradgeschäft in der Churstraße/Ecke Büttelstraße besaß (heute KITA). Er dankte allen Gästen aus Nah und Fern für ihr Kommen, die damit zur Verherrlichung des Festes beigetragen haben.
Im Namen der Gäste sprach der Vorsitzende des Rathenower „Radfahrer Verein von 1886“, Herr Carl Bührig auf das fernere Blühen und Gedeihen unter lebhaften Beifall der Anwesenden ein dreifaches „All Heil“ auf den „Brandenburger Tourenrennfahrer-Verein“ aus. Dann kam es zur Preisverteilung. Ein Concert und gemeinsamer Gesang hielt die zahlreichen Sportsgenossen bis zur frühen Morgenstunde zusammen.
z.B. Kunoth`s Lied von 1892
Beim einem 10 km-Rennen von Ketzin, welches der dortige R.-V. "Greif" veranstaltete traten 17 Fahrer an. Den ersten Preis, eine Standuhr, erhielt nach heißem Kampf Gustav Gräben vom B.T.-R.-Verein. Als Überraschung hatte Herr Fahrradhändler Müller aus Brandenburg noch einen prächtigen Ehrenpreis für den Sieger gestiftet (BA.,Nr.116,20.5.1898).
Gräben ist nun in aller Munde, und der BA. berichtet bereits schon im Vorfeld über seine radsport-lichen Ambitionen, denn er war nicht nur ein sehr erfolgreicher Straßenfahrer, sondern feierte bei den, besonders bei den Berufsfahrern stark in Mode gekommenen Bahnrennen hinter den lautstarken Motoren, schönste Erfolge.
Bei den Amateur-Meisterschaftsrennen von Deutschland über 100 km, bei welchem der Brandenburger Gustav Gräben als Favorit galt, kam derselbe bei den ersten drei Runden in Folge des strömenden Regens zu Fall und gab das Rennen auf. Das Rennen gewann der auch hier bekannte (spätere Weltmeister) Alfred Görnemann-Berlin in 2 Std. 25 Min. 27 2/5 Sec. (BA.,Nr.208, 6.9.1898).
Gustav Gräben wurde 1898 Vize-Weltmeister im 100-km-Steherrennen in Wien! Bei den gestrigen Rennen über 100 km um die Amateur-Weltmeisterschaft im Dauerfahren im Wiener Prater siegte der Engländer Cherry dank der vorzüglichen Dunlop-Schrittmacher vor dem Deutschen Gustav Gräben aus Brandenburg und dem Böhmer Hunek (BA.,Nr.211,9.9. 1898). In Weißenfels gewann das 50 km-Rennen mit Schrittmacher der Brandenburger Herrenfahrer Gustav Gräben in 1:03.36 Std. (BA., Nr.179, 2.8.1899).
Wegen der Zeitachse der Ereignisse folgt der Rest intern verlinkt.
Aufrecht Radfahren:
Der Arbeiter-Radfahrer-Verein „Solidarität“ von 1893 mit zentralem Sitz in Stuttgart
Dieser Abschnitt muss hier eingefügt werden, da er chronologisch dazu gehört. Die Motivation der Akteure ist etwas anders gelagert. Das Fahrrad ist aber das Bindeglied.
Den Arbeitern war die Mitgliedschaft in den bürgerlichen Radfahrer-Vereinen wegen der Standesunterschiede weitgehend verwehrt. Der Arbeiterradfahrer-Bund „Solidarität“ mit Hauptsitz in Stuttgart wollte besonders den einkommensschwachen Arbeitern das Betreiben des Radsportes ermöglichen. Der Aufnahmebeitrag betrug 50 Pfg. und pro Monat zahlte man nur 15 Pfg. 1896/97 waren in 64 Vereinen 1556 Mitglieder registriert. Auch in Brandenburg wurde 1896 ein Ortsverband des Arbeiter-Radfahrerbundes „Solidarität" gegründet, der sich dem Saalradsport und vor allem dem Radwandern in der Arbeiterschaft mit Picknick im Grünen oder am Zielort (wie z.B. Heringstour nach Klein Kreutz) verschrieben hatte. In ihm waren hier bis zu 300 Mitglieder organisiert, Männer und Frauen, welche sich in den Vereinslokalen Volkshaus (später Gewerkschaftshaus) in der Steinstraße und dem Volksgarten, den heutigen „Bismarck - Terrassen" (vor kurzem geschlossen), zu geselligem Beisammensein trafen. Aus der Namensgebung lässt sich auch schon der tiefere Sinn dieses Bundes, nämlich die Stärkung und den Zusammenhalt der Arbeiterschaft, erkennen. Über seine Aktivitäten erfährt man aus der damaligen „Brandenburger Zeitung", dem Organ für die Interessen des werktätigen Volkes.
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In der Umgebung von Brandenburg sind mindestens noch zwei weitere Ortsgruppen des "Bundes" gegründet worden: In Plaue und in Klein Kreutz. Von beiden Organisationen sind noch einige Fotos vorhanden und ein Heft mit handschriftlichen Protokollen von Vorstandssitzungen (Sammlung R. Gent, Klein Kreutz).
Die Geschichte des Arbeitersports beginnt in den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts. Den Arbeitern wurde der Zugang zu den bürgerlichen Sportvereinen weitestgehend verwehrt. So begannen sie sich eigene Möglichkeiten zu schaffen, um in der Gemeinschaft Sport zu treiben. Hatte das „Sozialistengesetz" diese Entwicklung zunächst stark behindert, so kam es ............weiterlesen
Schon in den Anfangsjahren des Radfahrens wurde in der Tages-zeitung von häufigen Unfällen berichtet, z.B. in (BA.) Nr.102 am 1. Mai 1896: "Ein rücksichtsloser Fahrradfahrer habe den Schuster Habernei in der Potsdamer Str. umgefahren, welcher schwer verletzt in das Krankenhaus gebracht wurde. Leider würden Fahrradfahrer(innen) unerlaubt Gehwege und Promenaden befahren. Laut Stadtordnung dürfe man aber nur auf den Fahrdämmen und Fahrwegen fahren"! Auf der anderen Seite wurde darüber geklagt, dass die vorhandenen Radwege gegen die Vorschrift von Fuhrwerken und Handwagen befahren wurden. Es ist hier festzustellen, dass es die Probleme heute noch genauso vorhanden sind!
Auch in Brandenburg a.d.Havel wurde unter Teilnahme des Gau 20-Vorstandes des Deutschen Radfahrer-Bundes eine Vereinigung für Wegeverbesserung für Radfahrer gegründet, der bereits sämtliche Bundesvereine des D.R.B. mit über 200 Mitgliedern "in corpore" beigetreten sind. In anderen deutschen Städten: wie (K)Cassel, Magdeburg, Danzig, Bremen, Augsburg, Köln a.R., Frankfurt a.M., usw. sind die Arbeiten derartig zeitgemäßer Vereinigungen von großem Erfolg gekrönt worden. Wir glauben deshalb, annehmen zu können, daß sich die 3 – 4000 Radfahrer in Brandenburg den friedlichen Bestrebungen der hiesigen Vereinigung an die Seite stellen werden. (BA) Nr.123 am Montag, 28.5. 1900)
Verein für Radfahrwege von 1900: 1. Vors. Prof. Dr. Mann, 2. Vors. Ingenieur Ernst Louis, Schatzmeister Buchdruckereibesitzer A.D. Alterthum. Zahlstelle Kaufmann Häuser, Ritterstr. 1, Vorstandssitzung jeden 1. Mittwoch im Monat Cafe‘ Graf (Stand 1911), ab 1914/15 Ehrenvorsitzenden Prof. Mann, Vors. RA Steffen, Schatzmeister Kaufmann Häuser
An der hochrangigen Besetzung des Vorstandes ist abzulesen, welche Bedeutung dem Radfahren beigemessen wurde.
Offizielle Einweihung des Radfahrerweges nach Wilhelmsdorf.
(BA.,Nr.109, Mo., 11. Mai 1903): Am Mittag um 1 Uhr setzte sich der Festkorso von Radfahrern mit geschmückten Rädern am neustädtischen Markt in Bewegung. In dem imposanten Zug mit vielen Einzelfahrern hatten sich auch Mitglieder von vielen Radfahrer-Vereinen der Stadt und des Umlandes eingereiht: Brandenburger Rad-fahrer- erein von 1884, Radfahrer-Verein „Vorwärts“, Radfahrer-Verein „Corona“, „Brennabor“ und Rad-Club 1899. Von außerhalb die Radfahrer-Vereine, aus Götz, Groß-Wusterwitz, Jeserig, Lehnin und Rathenow. Die Fahrt ging zunächst bis nach dem Neuen Krug und dann zurück zum Sportpark. Dort wurden alle Teilnehmer im Namen des Konsortiums durch den Direktor der Brennabor-Fahrradwerke, Herrn Ingenieur E. Louis begrüßt. Darauf folgte eine Ansprache des Herrn Geheimen Regierungsrates Oberbürgermeister Hammer. Er beglückwünschte die „Vereinigung für die Verbes-serung der Radwege“ zu diesem erreichten Fortschritt in seinen Bemühungen. Anschließend wurde der Redner durch ein kräftiges dreimaliges „All Heil“ geehrt.
Danach folgte ein buntes Programm auf der Radrennbahn: zunächst ein Hindernisrennen, dann ein Damenrennen (Herren hatten sich zum Gaudium der Zuschauer als Damen verkleidet) und schließlich ein Rennen mit „untersetzten“ Rädern, welches viel Heiterkeit hervorrief und stürmischen Applaus bekam.
Zum Schluß fand noch für einige Stunden ein fröhlicher Kommers statt mit Reden und Gesängen. Ingenieur Louis gedachte der Geschichte der Vereinigung, die sich 1900 gegründet hatte. Etwa 5000 Besucher waren zu diesem Fest zusammen gekommen. Herr Tatatzky verlieh den Siegern und Plazierten der Wettbewerbe noch wertvolle Preise, so u.a. an die Herren Rulfs, Häuseler und Eimicke.
Im März 1905 wird ein Berichtet über eine Sitzung des Vereins für Radwegebau veröffentlicht. Als Ergebnis wird im Mai vermeldet, dass der hiesige Verein in Verhandlungen mit der Stadt erreicht habe, dass das Bankett auf der Chaussee in Richtung Plaue als Fahrweg für Fahrradfahrer frei gegeben wird.
Am 5. Juli 1908 erfolgte die Einweihung eines neuen Radfahrweges nach Plaue mit einer Korsofahrt vom Altstädtischen Markt um 2 ½ Uhr. Die Fahrt nach Plaue wurde von einem Musikwagen begleitet. Trotz des schlechten Wetters nahmen etwa 300 Radfahrer am Korso nach Plaue teil. Herr Direktor Louis vom Verein für Radfahrwege hielt eine launige Ansprache an der großen Kaffeetafel mit Musik. Die Veranstaltung endete mit einem schönen Ball.
Der Verein für Radfahrwege (e.V.) veranstaltet am Sonntagnachmittag, dem 8. Juli 1909 um 3 Uhr ein gemeinschaftliches Radfahren nach Plaue – Einweihung des 2. Teiles des Radweges. Ein Musikwagen führt den Zug an. Empfang in Plaue durch die dortigen Radfahrer, dann Kaffeetafel im "Stern".
(BA) Nr. 57 am Mittwoch, 9.3.1910
Der Verein für Radfahrwege hielt seine diesjährige ordentliche Mitgliederversammlung ab. Ein Lichtbildervortrag von Herrn F. Nicolai zeigte 140 Bilder aus der Altmark. Als Fazit: Es sollen durch eifrige Agitation weitere Mitglieder gewonnen werden.
Im August 1910 Meldung: Radfahrweg durch Wilhelmsdorf wird angelegt
BA.,Nr. 78, 3.4.11912: Verein für Radwege e.V.:Nur wer die rote Beitragsmarke mit der Jahreszahl 1912 am Steuerrohr seines Rades trägt, ist als unser Mitglied kenntlich. Zahlstelle ist bei Ernst Häuser, Ritterstraße 1.
Dieser Ort liegt östlich von Magdeburg nahe der B1, hatte viele Jahrzehnte eine kleine Radrennbahn von nur 175 m Länge, die deshalb von vielen Akteuren auch manchmal despektierlich als "Nudeltop" bezeichnet wurde. Daneben befand sich eine Gastwirtschaft. Viele Magdeburger Radler und auch Radsportler nutzten diese Bahn zum Vergnügen und für Rennen, insbesondere, als es die Rennbahn an der Berliner Chaussee nicht mehr gab. Der Wirt hatte durch diese Attraktion dann auch immer eine hungerige und durstige Kundschaft. Aber diese Bahn verkam nach dem 2. Weltkrieg immer mehr und war schließlich nicht mehr zu befahren.
Nach der Wende wurde die Gaststätte modernisiert und behielt zur Erinnerung noch den Namen "Zur Rennbahn". Das Gelände der alten Radrennbahn ist mit Einfamilienhäusern bebaut.
Erinnerung an alte Zeiten. Es führte von Magdeburg aus ein offizieller Radweg bis an diesen Ort, vielleicht auch weiter. Das Schild mit der Aufschrift: Radfahrweg usw. ...... erinnert noch an die Zeit, als die damaligen "Aktivisten", für die Verbesserung der Verkehrswege ihrer geliebten "Drahtesel" gekämpft haben.
Es folgen einige private Fotos (in Biederitz bei Magdeburg, dort wo früher eine Zement-Radrennbahn stand, erinnert ein verwittertes Schild noch an diese Vereine)
Fotos privat, es folgt der Text, der auf den abgebildeten Schilder nur schwer zu entziffern ist.
Radfahrweg
des Magdeburger Vereins für Radwege e.V.
Nur für Mitglieder mit Jahresmarke am Steuerrohr des Fahrrades.
Verboten für Nichtmitglieder, Reiter, Fuhrwerke, Kraftfahrzeuge und Handwagen.
Fußgänger müssen ausweichen.
Eine rasant fortschreitende Mechanisierung der industriellen Produktion im 19. Jahrhundert und die zunehmende Organisiertheit der Arbeiterschaft, welche ihre Forderung nach Verbesserung ihrer Lebensbedin-gungen dadurch erfolgreicher Gehör verschaffen konnte, brachten als Ergebnis ihres Wirkens auch eine Verringerung der täglichen Arbeitszeit für die Berufs-tätigen mit sich. Diese neu gewonnene „Freizeit“ für große Teile der Bevölkerung musste nun sinnvoll gestal-ten werden.
Dass dieses Phänomen auch ein nicht unerhebliches kommerzielles Potenzial in sich barg, erkannten auch Brandenburger Unternehmer schon frühzeitig, wollten es nutzen und eroberten sich so das neue lukrative Geschäftsfeld der "Freizeitindustrie". Ein Konsortium aus hiesigen Geschäftsleuten erbaute, angeregt durch beispielgebende Objekte in anderen deutschen Städten, unter Federführung des ortsansässigen erfolgreichen Architekten und Bauunternehmers, Carl Jurth, bis 1899 den Sport-park an der Wilhelmsdorfer Landstraße. Dieser wurde zwischen dem damaligen Schlachthof und dem Flüsschen Plane errichtet. Dieser Standort war damals noch weit im "Grünen" westlich von Brandenburg gelegen. Dort trafen sich an den Wochenenden bald Jung und Alt. Es waren besonders auch die „einfachen“ Leute, die sich dort ein Stelldichein gaben (Kurt Wilhelm). Eine besondere Attraktion war der „Sektpavillon“ Kloss und Förster. Jurth hatte diesen 1896 auf der Weltausstellung in Berlin erworben, denn man wollte auch in Brandenburg nicht kleckern, sondern klotzen. Jener fasste bis 1200 Besucher bei den beliebten Kaffeekonzerten. Es gab Kegelbahnen und Billardtische. Ein Aussichtsturm ermöglichte den Besuchern einen guten Ausblick über die Gesamtanlage, zu der auch Tennisplätze, Turn- und Ballspielplätze gehörten. Auf gefrorenen Teichen konnte man im Winter gefahrlos Schlittschuh laufen. Ein Stichkanal verband das Gelände mit der nahen Havel. In einem kleinen Hafen konnten sogar Fahrgastschiffe, welche das Publikum aus der Stadt hier her schipperten, anlegen. Auch eine Anbindung durch die Pferde-, einer Vorgängerin der ab 1909 elektrisch betriebenen Straßenbahn, bestand schon. Eine besondere Attraktion war die 333-Meter Zement-Radrennbahn, welche wohl ebenfalls auf Initiative von Carl Jurth eingebaut wurde. War er doch Mitglied und auch zeitweise Vorsitzender des ersten Radfahrer-Vereins von Brandenburg, B. Radfahrer-Verein von 1884.
Schon 1890 hatte er, in Ermangelung einer eigenen Bahn in Brandenburg, beklagt, dass hiesige Rennfahrer, um Erfolg zu haben, auf auswärtigen Bahnen in Magdeburg, Berlin usw. zum Training ausweichen müssten. Selbst das benachbarte kleinere Genthin besaß bereits eine solche!
Für ihre Erbauung wurde als Füllmaterial der Aushub der neu angelegten Wasserwege genutzt. Das steigerte leider die Instabilität des feuchten Untergrundes noch mehr und sollte sich 25 Jahre später bitter rächen!
Die letzten Wochen und Tage vor der Eröffnung des Sportparks am 13. August 1899:
Vom 29. Juli bis 12.8.1899 an berichtete der Brandenburger Anzeiger in fünf Ausgaben regelmäßig von den Vorbereitungen und deren Stand bezüglich des bevorstehenden großen Ereignisses. Das Programm zur Einweihung des „Sportplatzes“ sei fertiggestellt. Für die am kommenden Sonntag bei Eröffnung der neu erbauten Sportanlagen stattfindenden Rennen sind bis heute eine größere Anzahl Nennungen von guten Fahrern aus Berlin, Leipzig, Magdeburg, Friedenau, Spandau etc. eingegangen. Auch für den Preiscorso sind bereits von vielen hiesigen und auswärtigen Vereinen Zusagen gemacht worden. Es verspricht daher der Verlauf des Einweihungs-Festes ein großartiger zu werden. Der Preiscorso startet vom neustädtischen Markt aus nach dem Sportplatz und es werden sich einige hundert Fahrer beteiligen. Das Programm der Wettrennen wird sich so ähnlich in den nächsten Jahren wiederholen. An einem Renntag fanden meistens 5 bis 8 manchmal 10 Disziplinen statt, und es wurden phantasievolle Namen für sie „Großen Preise von …“ erdacht. Bei den Ausschreibungen der Rennen wurden auch die Anzahl und der Wert der Geldpreise minutiös ausgewiesen, die im Laufe der Jahre sich ständig erhöhten, wahrscheinlich auch als Folge der Inflation. Auch die Ergebnislisten wurden dann nach diesem Schema mit exakten Zeit- und Meterangaben erstellt. Jeder Zeitungsbericht im Brandenburger Anzeiger zu „Rennen im Sportpark“ enthielt dann Informationen über das Wetter, die Zuschauerzahl, interessante Starter und dem (meistens spannenden) Rennverlauf (auch über Stürze, Pannen usw.). Am aller ersten Renntag zur Bahneröffnung gab es folgendes Programm:
1. Erstfahren 1000 m, 3 Preise 40, 20, 10 Mk., offen für Fahrer, die bisher noch keinen 1. Preis gewonnen haben
2. Sportpark-Eröffnungsfahren 3000 m, 3 Preise 80, 40, 20 Mk.
3. Hauptfahren 10000 m mit eigenem Schrittmacher, 3 Preise 100, 50, 25 Mk.
4. Vorgabefahren 2000 m, 3 Preise 50, 25, 15 Mk.
5. Tandemfahren 3000m, 3 Preise 60, 30, 15 Mk.
Schlussendlich hatten sich zur Einweihung 60 Fahrer mit 156 Nennungen für die verschiedenen Rennen angemeldet. Eine besondere Anziehungskraft prophezeite man dem Hauptfahren (Steherrennen hinter Motor-schrittmachern) über 10000 Meter, haben sich doch hierzu bedeutende Fahrer, u.a. Stamm-Cassel, Schneider-Leipzig und der deutschlandweit bekannte Lokalmatador, Gustav Gräben-Brandenburg, gemeldet. Auch aus Berlin, Magdeburg, Turin, Potsdam, Stendal etc. trafen Fahrer ein, um sich dann am Wettrennen zu beteiligen.
Als letzte Meldung kam dann: Morgen wird die Eröffnung mit einem Preiscorso durch einige Straßen der Stadt eingeleitet, der um 1 Uhr von dem neustädtischen Markt aus beginnt. Die Ketziner Kapelle marschiert vornweg und wird auch die „Concertmusik“ auf dem Sportplatze ausführen Die Rennen nehmen um 3 Uhr ihren Anfang.
Eintrittspreise: Loge 3 Mk., Tribüne 2 Mk., Stehplatz 1,50 Mk., 1. Platz 1 Mk., 2. Platz 0,5 Mk. Die „Corso-Theilnehmer“ bekommen beim Start Corsokarten, die zum 2. Platz berechtigen, höhere Plätze sind gegen Nachzahlung zu benutzen (Nr.176-188,1899).
Die Einweihung des Sportparks hat gestern Nachmittag einen überaus prächtigen Verlauf genommen. Ein Preis-Corso vom neustädtischen Mark, an dessen Spitze die Ketziner Blaskapelle, durch einige Straßen der Stadt führte zum Sportpark. Es betheiligten sich viele einheimische und auswertige Radfahrer-Vereine. Tausende Besucher wohnten der Eröffnung bei. Die Rennen nahmen im Großen und Ganzen einen günstigen Verlauf. Es kam nur zu wenigen leichteren Unfällen. Mit allgemeiner Spannung wurde das Hauptfahren erwartet, hatte man doch zum ersten Mal Gelegenheit, Herrn Gustav Gräben von hier auch einmal als Rennbahnfahrer zu sehen und zu bewundern. Mit Leichtigkeit und Eleganz schlug derselbe seine Concurrenten ohne jegliche Anstrengung, wofür ihm jubelnder Beifall seitens der Zuschauer entgegengebracht wurde. Auch das Brandenburger Tandempaar Seyfarth-Jacoby verdiente sich besondere Beachtung. Die Resultate der einzelnen Rennen sind folgende:
1. Erstfahren 1000 m: 1. Paul Michaelis-Berlin (2:07 Min.) vor Alwin Hullach-Friedenau und H. Hoffmann-Berlin
2. Eröffnungsfahren 3000 m: 1. Fritz Binge-Magdeburg (5:192Min.) vor M. Heiny-Berlin u. W. Hallwachs-Charlottenburg.
3. Hauptfahren 10000 m mit Schrittm.: 1. Gustav Gräben-Brandenburg (12:552 Min.) vor M. Heiny und P. Schwarz-Zehlendorf.
4. Vorgabefahren 2000 m: 1. Paul Damm-Leipzig (3:10Min.) vor Max Anders-Leipzig und Richard Schwäbe-Berlin.
5. Tandemfahren 3000m: 1. Damm-Anders (1:18 Min.) vor R. Lehr-M. Heiny-Berl. u. F. Seyfarth/Jacoby-Brandenb.
Die ersten Brandenburger Vereine nutzen zum Saisonschluss "ihre" neue Rennbahn!
(BA.,Nr.201, Mo., 28.8.99): Der Brandenburger Radfahrer-Verein von 1884 hielt bei herrlichem Wetter sein vereinsoffenes Rennen auf der Rennbahn ab, zu welchem eine zahlreiche Schar von Zuschauern gekommen war.
(BA.,Nr.207,Mo.,4.9.189)9: Das Radwettfahren des Vereins „Vorwärts von 1887“ im Sportpark nahm gestern einen überaus günstigen Verlauf.
Das Matches über 30 km mit Schrittmacher gewann Deickert vor Dumzlaff in ca. 45 Min. Anschließend Feier mit Preisverleihung dabei Ansprache von Herrn Tatatzky
Es folgen einige Bilder und Zeitungausschnitte, entstanden im Zusammenhang mit der Sportparkeröffnung.
Der Inbetriebnahme des Brandenburger Sportparks mit seiner neuen Zementbahn folgten die ersten großen Rennen, die von bis zu 8000 Zuschauern verfolgt wurden. Man gelangte per Haveldampfer, mit der Droschke, später mit der Pferdebahn oder dem eigenen Fahrrad dort hin. Ab 1909 wurde die Pferdebahn elektrich.
Die I. radsportliche Phase in Brandenburg endete hier an der Jahrhundertwende. Der Bahnradsport dominiert ab nun diese Sportart. Gewinne durch den Verkauf von vielen Eintrittskarten zu einem Renntag lassen sich nur durch ein abwechselungs- und umfangreiches Programme generieren. Dabei kommt es vor allem darauf an, namhafte Rennfahrer aus Deutschland, Europa und Übersee zu verpflichte, die auch entsprechende Preise und Tantiemen erwarteten. Zum Glück gab es mit Gustav Gräben, einen Lokalmatador, der auf der Straße große Rennen gewonnen hatte und auf der Bahn bei Steherrennen der bedeutenden auswertigen Konkurrenz paroli bieten konnte. Aber der 1865 geborene Gustav war mittlerweilen 35 Jahre alt und somit war sein Karriereende abzusehen. Neben vielen lokal erfolgreichen Rennfahrern, bedurfte es aber eines Typs, der auch die großen Namen "vor die Klinge fordern" und besiegen konnte. Ein großes Glück schien sich da aufzutun. Otto Schadebrodt, der auch Radsport betrieb, hatte bei seinem "kleinen" Bruder auch die Freude am Radfahren und später am Radsport geweckt. Fast visionär hieß der junge Mann auch Gustav. Er war für kurze Zeit als "Himmelsstürmer" ein würdiger Nachfolger für den großen Gustav, der sich 1904 vom Leistungssport zurück zog. Doch die Sache endete leider tragisch, dazu etwas später.
Kurzer Überblick
Wie oben schon kurz erwähnt, wurden ein Vierteljahrhundert lang auf dieser Bahn packende Kämpfe bei Bahnradrennen in verschiedenen Disziplinen vor häufig 4000 bis 8000 zahlenden Zuschauern ausgetragen. Bei 5 bis 8 Veranstaltungen pro Jahr fanden die radsportlichen Höhepunkte traditions-gemäß an den beiden Pfingstfeiertagen statt.
Der Bahnrennsport nahm in Brandenburg dadurch einen gewaltigen Aufschwung.
Wer fuhr auf dieser Bahn?
Von den Einheimischen ganz oben zu nennen sind hier die beiden „Gustavs“. Der Altmeister Gustav Gräben (Vize-Weltmeister über 100 km Dauerrennen in Wien 1898) hatte ab 1893 neben vielen lokalen Straßenrennen schon große Eintagesrennen (2x „Rund um Berlin“ und „Hamburg-Berlin“) gewonnen und fuhr dann auf auswärtigen Bahnen (Berlin, Weißenfels) auch hinter Motorschrittmachern. Der andere, ein junger Himmelsstürmer, schickte sich gerade an, die großen Fahrer jener Zeit vor die „Klinge“ zu fordern, gewann schon eine Reihe bedeutender Rennen, bis er im blühenden Alter von nur 22 Jahren 1908 auf der Rennbahn in Treptow tödlich verunglückte. Außer diesen beiden herausragenden Fahrern auf internationalem Niveau gab es in Brandenburger zwischen 1899 und 1922 weitere erfolgreiche Lokalmatadore, die der auswärtigen Konkurrenz zur Freude der lokalpatriotischen Zuschauer gelegentlich Paroli bieten konnten.
Da wären zu nennen: Die Dauerfahrer Fritz Dornburg, Julius Kaupert, Richard Kläre, Franz Rulfs, Paul Adam, Hermann Supply, Otto Köpp, die Tandemfahrer Fritz Seyfarth, Paul Joë, Hermann Krüger, Robert Jäger, Paul Gericke, Fritz Ruhle und Otto Deickert, sowie die Sprinter Hans Köppen, Hans Stucki (aus Mötzow!) und Erich Betge, Ernst Köppen, Willi Tauchert.
Regelmäßig waren weitere deutsche Spitzenfahrer aus Berlin, Magdeburg, Leipzig, Hannover, München, Hamburg, Bremen usw. am Start: Max Heiny, Curt Moritz, Paul Mündner, Willy Tadewald, Tetzlaff, Carl Saldow, Arthur Steffens, Willy Techmer, Pzyrembel, Stabe, Stellbrink (alle Berlin), Josef Fischer, Fritz Hitzler beide München, Gustav Brummert-Magdeburg usw.
Auch international erfolgreiche Fahrer kamen zu den Rennen: Kudela-Prag/Wien, Hellemann-Kopenhagen, Eugeni Dutreux-Lille, L. Bocuillon-Paris, van Schoonthoven, John Stol (alle Amsterdam), R. Heller-Wien, Bardoni-Italien, Hall-England. Auch die Afro-Amerikaner, wie Vendredi und Woody Hedspath, waren 1906/07 Publikumsmagnete und fuhren erfolgreich auf der hiesigen Bahn. Sie wurden damals natürlich in der Presse als Exoten angekündigt und von den Zuschauern als solche erstaunt wahrgenommen. Ebenso erging es dem Deutsch-Russen, Dubaschny-Warschau, für den im September 1908 ein spezieller Zweikampf mit dem jungen Gustav Schadebrodt kurz vor dessen tragischen Tod angesetzt worden war. Aber auch amtierende Weltmeister konnten für Rennen in Brandenburg verpflichtet werden: Die Dauerfahrer Taddäus Robl-München, Alfred Görnemann und GustavJanke-Berlin, Fritz Ryser-Schweiz, Bobby Walthour "Der Crack von Atlanta"-USA, Piet Dieckentmann-Holland, sowie die Sprinter Willy Arend-Hannover und Walter Rütt.
1900
6.1.5. Pfingsten war immer großes Radwett-fahren im Sportpark
(Original-Schreibweise)
(B.A.)31.5.1900 - Das am 2. Pfingstfeiertag im „Sportpark“ stattfindende internationaler Radwettfahren bringt nach den heute eingelaufenen Nennungen eine Qualität von in- und ausländischen Fahrern an den Start, wie sie sonst nur große Sportcentren, wie Berlin, Wien, Hannover, Köln etc., aufweisen können. Wir nennen u.a. Paul Mündner, der populärste Rennfahrer Deutschlands, der dem Weltmeister Willy Arend viele Male die Pedale gezeigt hat, Lourion und Heller-Wien, das berühmte Flieger- und Tandempaar aus Oesterreich, L. Bocquillon-Paris, der nur unter Klasse 1a startet, Alfred Schneider, Leipzig, bisher einer unserer besten Herrenfahrer, welcher als Berufsfahrer gleichfalls immer unter den ersten am Ziele zu finden ist. Von Dauerfahrern, welche am 4. Juni starten, möchten wir in erster Linie van Schonthoven, Meisterschaftsfahrer von Holland für 1899, nennen. Außer Winnemann, Hamburg, Nicodem, Prag, Sievers, Berlin welche sämtlich hinter Motorführung fahren, wird unser heimischer Fahrer Gustav Gräben, welcher sich in ausgezeichneter Form befinden soll, ebenfalls mit 2 Motorführungsmaschinen am Platze erscheinen, um als Berufsfahrer die Scharte vom vorigen Jahre auszuwetzen.
(B.A.) 5.6.1900. Das gestrige internationale Rad-Wettfahren im Sport-Park war insofern von ganz besonderem Interesse, als außer einer Anzahl deutscher Fahrer von Ruf aus Berlin, Hannover und Leipzig auch solche aus Frankreich, Holland und Oesterreich sich am Start eingefunden hatten. Leider war es dem Brandenburger Dauerfahrer Gustav Gräben in Folge eines Sturzes am 1. Feiertage in Weißenfels nicht vergönnt, an dem 30 Kilometer-Rennen theilzunehmen, hatten sich doch gerade hierzu viele Freunde und Bekannte des beliebten Fahrers eingefunden. Die verschiedenen Wettfahren boten eine Reihe aufregender Momente. Mündner, Kudela und Heering waren in ausgezeichneter Form; bedauerlich war es nur, daß der Letztere, Mündner, beim Entscheidungslauf im Sportfahren in der letzten Runde an der Kurve herauszudrängen suchte, hierbei fuhr Heering den Mündner an, und beide kamen zu Fall, wofür Mündner dem Heering einige wohlverdiente Ohrfeigen zum Gaudium des Publikums applicirte. Beide Fahrer trugen einige Verletzungen davon und mußten daher aus dem ferneren Rennen aus- scheiden, wodurch es allerdings Kudela leicht wurde, die Rennen zu gewinnen. Am 30 Kilometerfahren betheiligten sich 6 Mann, zum Theil mit oder ohne Motorführung. Das Knittern und Knattern der Motore brachte ein gewisses Leben auf die Rennbahn. Wie fast bei allen derartigen Rennen, sind Motordefekte keine Seltenheit, sodass einige Fahrer wiederholt ohne Führung waren. Allgemeine Anerkennung fand Dickentmann/Holland durch seine Überlegenheit, mit welcher er bei einem Vorsprung von 7 Runden das 30 Kilometer-Rennen gewann.
Ueber die einzelnen Rennen sei Folgendes noch angeführt: In Klammen stehen die Geldpreise in Mark.
7. Die Tragödie von Treptow
22jähriger Brandenburger erlag seinen schweren Verletzungen
Der hoffnungsvolle junge Mann war in den letzten drei Jahren zu einem geachteten und gefürchteten Gegner im Bahnradsport der Dauerfahrer hinter Motoren herangereift! |
Gestern geschah das Unfassbare. Die Gefahr fuhr immer mit! Der sogenannte Steher-Radsport, bei dem hinter Motorführung die Radsportler im „Windschatten" der Führungsmotorräder über Distanzen von 10 bis 100 km auf den Zement-Bahnen enorme Geschwindigkeiten von 50 bis 60 km/h erreichen, fordert immer mehr Opfer. Trotz des erlassenen Zwanges, einen Schutzhelm zu tragen, sind im laufenden Jahr (1908) schon 7 Spitzen-fahrer tödlich verunglückt, darunter u.a. der Welt-meister von 1902, Alfred Görnemann aus Berlin.
Ein Reifendefekt an der Schrittmachermaschine wur-de dem nachfolgenden Schadebrodt zum Verhängnis. Während das Motorrad mit samt dem Fahrer in den Innenraum der Bahn raste, flog der Radfahrer durch die Luft und knallte mit voller Wucht auf die Betonbahn und wurde von dem nachfolgenden Gespann noch überrollt. An seinen schweren äußeren und inneren Verletzungen verstarb der junge Mann am 18.9.1908 im Krankenhaus "Am Urban", wohin man ihn gebracht hatte, einige Stunden später.
In Brandenburg löste diese Tragödie große Betroffenheit und Trauer unter den Freunden des aufblühenden Radsports aus. Eine große Trauergemeinde begleitete seinen Weg zum „Neuen altstäd-tischen Friedhof", wo er am 21. August 1908 seine letzte Ruhe fand.
Wer war nun dieser Gustav Schadebrodt aus Brandenburg, dessen Leben in so jungen Jahren ein solch jähes, trauriges Ende fand?
Geboren wurde er 1886. Er hatte damals noch einen Bruder, der den Namen Otto trug. Das Fahrradfahren und der Radsport waren in seiner Heimatstadt zu jener Zeit in einem starken Aufschwung begriffen. Das Brennabor-Werk und mehrere kleinere Firmen und Werkstätten bauten und reparierten Fahrräder.
Nun folgt ein narrativer Textabschnitt, da eindeutige Fakten dafür fehlen. Für einige Jungen zählte der Beruf des Fahrradschlossers zur damaligen Zeit wahrscheinlich zu den Traumberufen. Kam man dabei auch manchmal mit den Assen in Kontakt, die in den verschiedenen erfolgreichen Spitzenvereinen der Stadt aktiv Radsport betrieben, wie z.B. beim B. R.-V von 1884, B. R.-V. „Vorwärts“ von 1887, B. Tourenradfahrer-V. von 1896 oder R.-V. „Brennabor“. Vielleicht erlernte er nach Abschluss der Schule auch diesen Beruf. Bald hatte er sich auch ein Rennrad zusammengebaut und fuhr zu allen Radsportveranstaltungen, welche die Vereine am Rande der Stadt und der näheren Umgebung austrugen. Da sah er einige Asse, die bei den Rennen meistens die Schleifen oder Siegerkränze umgehängt bekamen und dabei oft wertvollen Ehrenpreise „abräumten“. Er kannte die lange Reihe der Erfolg von den Spitzenfahrern wie: Fritz Lauenroth, Johannes Pundt, Max Grubert, Gustav Gräben, Reinhold Rößler, Otto Deickert oder Paul Gericke all zu gut. Sie alle hatten viele, teils große Rennen gewonnen. Das Fahren auf Radrennbahnen aus Zement war groß in Mode gekommen. Die Brandenburger Bahnfahrer mussten zunächst nach Magdeburg, Berlin oder Halle/Saale fahren, um auf solch einer Bahn trainieren und Rennen fahren zu können. Doch Carl Jurth, ein Brandenburg Architekt und Bauunternehmer, der auch aktiver Radsportler in seiner Jugend war, bereitete dieser Misere 1899 eine Ende. Er scharte ein Konsortium von solventen Geschäftsleuten der Stadt um sich und ließ im neu entstandenen Sportpark an der Plane in der Wilhelmsdorfer Landstraße eine 333,3 m Zement-Radrennbahn einbauen. Das ergab einen starken Schub für den Radsport, insbesondere auf der Bahn in der Havelstadt. Der Jugendliche Gustav Schadebrodt gehörte zu den Stammgästen bei den regelmäßig, oft international besetzten Radrennen im Sportpark, die von Frühling bis Herbst stattfanden. Da sah er nun seine Helden aus der Kindheit wie Gräben, Deickert oder neue Fahrer wie Franz Rulfs, Richard Kläre, Hans Köppen und Julius Kaupert, wie sie als Lokalmatadore sich gegen starke Konkurrenz behaupteten und von bis zu 8000 Zuschauern frenetisch angefeuert und bei einem Sieg auf der obligatorischen Ehrenrunde begeistert lautstark gefeiert wurden. Sein Namensvetter, Gustav Gräben, der zweimaliger „Rund um Berlin“- Sieger und Vizeweltmeister von Wien 1898 im 100 Kilometerfahren auf der Bahn in, war sein großes Vorbild. Er war Spitzenfahrer im Brandenburger–Tourenfahrer-Club 1896. Die Jugendlichen waren wissbegierig von den alten Hasen Tipps für das Training zu bekommen. G. Schadebrodt verbrachte jede freie Minute in der warmen Jahreszeit auf dem Rade. 1904 schloss er sich dem B.T.-V. von 1896 an und konnte sich mit den Könnern beim Training auf der Sportpark-Bahn messen. Die merkten bald, welches Talent da herangereift war und setzten ihn bei kleineren, dann größeren und schon bald bei großen Rennen ein. Einige dieser Ereignisse sind in Brandenburger Anzeiger (BA) dokumentiert und sollen hier auszugsweise genannt werden. Original-Textpassagen kursiv)
Zunächst musste auch er das übliche „Lehrgeld zahlen“. Der (BA) Nr.119 am 22.5.1905 berichtete über ein…Berufsfahrer–Rennen im Sportpark. Gestern war das Wetter schlecht, aber bis heute gebessert, sodaß 4000 Zuschauer gekommen sind. Es regnet nicht, jedoch der Wind ist heftig und kalt. Bei dem „Großen Preis“ im Dauerfahren hinter Motoren über 2 Läufe (10 und 30 km) siegte der Afrikaneger Vendredi vor dem Deutschen Walter Ebert aus Leipzig und dem Franzosen Blau‘. Etwas eigenartig wirkten die Ledersturzhelme, welche die Dauerfahrer zu ihrem Schutze jetzt tragen müssen. Auch die Schrittmacher tragen diese Helme und dazu gepolsterte Lederjacken. Das Hauptfahren über 2000m gewann A. Conrad-Hannover. Hier waren die Brandenburger R. Kläre im Vorlauf und G. Schadebrodt wegen Radschadens ausgeschieden. (BA) Nr.136 am 13.6.1905: Am Pfingstmontag wieder internationales Profi-Rennen im Sportpark vor 2500 Besuchern. Brandenburger Hauptfahren mit 2 Vorläufen. Geldpreise: 25, 15, 8 Mark für Platz 1-3. Über 5000 m der Endlauf: 1. Richard Kläre-Brandenburg in 10:53 Min., 2. Franz Rulfs-Brandenburg, 3. Albert Hitz, nicht platziert Schadebrodt. Dauerrennen 2 Läufe über 10 u. 30 km: 1. Rottnick-Berlin, 2. Rulfs-Brandenburg, 3. Müller-Magdeburg.
Im (BA) vom 16.9.1907 wurde über das gestrige Radrennen im Sportpark berichtet….Trotz des schon empfindlich kühlen Wetters war eine große Menschenmenge in den Sportpark geströmt. Es gab wieder schöne heiße Kämpfe, die nur durch drei leichte Stürze getrübt waren. Hauptattraktion war das Dauerrennen um den „Brandenburger Gold-Pokal“. Zwei Läufe über je 30 Min. wurden absolviert. Der Lokalmatador, Gustav Schadebrodt, kam im zweiten Lauf durch Motorschaden leider ins Hintertreffen. Dadurch war der Sieg für Hellmann aus Kopenhagen frei, der den Goldpokal mit 367 Meter Vorsprung gewann. Ein Haufen junger Leute bedrängte nach Schluss des Rennens die Richter-tribüne und wollte, dass der Pokal Schadebrodt zugesprochen werden sollte. Bei den Einzelrennen lautete das
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Der Sportpark mit seiner integrierten Radrennbahn wurde von vornherein mit dem Gedanken nach Gewinnstreben errichtet. Dabei konnte das Nützliche mit dem Angenehmen verbunden werden, was ja durchaus nichts Ehrenrühriges an sich hat.
Viele der handelnden Akteure im Konsortium waren mit dem Fahrrad, dem Fahrradfahren und dem Radsport verbunden. Dabei liest sich die Mitgliederliste des ersten Radfahrer-Vereins von Brandenburg, dem "B. R.-V. von 1884", wie das "Who's who" der damaligen hiesigen oberen Geschäftswelt: Bauunter-nehmer, Fahrradfabrikbesitzer, Besitzer der Mühlenwerke und Keksfabrik, Lehngutsbesitzer, Apotheker, Besitzer von Spiritu-osenfabrik, Matrazenfabrik und Kaufleute in den verschiedenen Branchen.
Carl Jurth war mit seiner Bau-Firma und als Architekt, sowie mit seinen vielen Ehrenämtern und Mitgliedschaften mehr als ausgelastet. So verwundert es nicht, dass nach einer anderen Lösung gesucht und auch schnell gefunden wurde. Der alte Sportkamerad aus dem "B. R.-V. von 1884", Friederich Hollerbaum, der auch als Betreiber der Neustädtischen Schützenhauses genügend Erfahrung auf gastronomischen Gebiet zu haben schien, übernahm bereits nach einem Jahr die Direktion. Nun hatte er neben der Radrennbahn für ein großes Areal mit mehr Spiel, als Sport und für gute Gastronomie zu sorgen, wovon er als Wirt eine Menge verstand. Es gab neben regelmäßigen Konzerten im Pavillon auch Ring- und Boxschaukämpfe. Ja selbst Hunderennen wurden als Attraktion zur Belustigung der Zu-schauer veranstaltet.
Doch der Radsport entwickelte sich rasant weiter. Ringsum waren in größeren Städten auch Radrennbahnen vorhanden, mit denen diejenige in Brandenburg bald in Konkurrenz um die besten Fahrer stand: Berlin (Friedenau, Charlottenburg, Treptow), Halle/Saale, Leipzig, Magdeburg, Breslau, Dresden usw. Da bedurfte es bald eines speziellen Managements. Zwischenzeitlich scheint dann Carl Jurth wieder in die Leitung eingestiegen zu sein, denn am 22.5.1905 (BA.,Nr.119, 1905) wird gemeldet, dass die neue Direktion des Sportparks von Herrn Jurth auf die Herren Willy Lücke und Max Natho übergegangen sei, welche eine größere Zahl deutscher Rennbahnen in Pacht genommen haben.
Bei Willy Lücke, der ursprünglich wahrscheinlich aus Berlin stammte, denn es gab dort einen Bahnfahrer mit exakt dem gleichen Namen, der früher auch bei Rennen in Brandenburg gestartet war, handelte es sich um einen umtriebigen Geschäftsmann. Er hatte auch eine Zeit lang die Magdeburger Radrennbahn an der Berliner Chaussee gepachtet, was für 1913 belegt ist. In einer Geschäfts-Annonce von 1923 steht: Willy Lücke, Neustädtischer Markt 15, Karbid, Benzin, Benzol-Großhandlung, Lager von Karbid und Benzin in allen größeren Städten Deutschlands. Auch mit Kolonialwaren und Gemüse war als Großhändler tätig. Max Natho stammte aus Halle/Saale und verdiente wohl auch sein Geld mit der Bewirtschaftung von Bahnen und der Organisation von Berufsradrennen darauf. Im Jahre 1909 liest man als Veranstalter den Pächter Carl Arndt sen. in einer Annonce und 1913 annonciert Franz Deickert unter Direktion für die Bahn. Dieser ist wahrscheinlich mit dem ehemaligen Bahnfahrer Otto Deickert verwand (Bruder, Vater?).
1913 brach leider ein großer Brand auf dem Gelände aus, und der attraktive Pavillon sowie weitere Nebengebäude im Sportpark wurden ein Raub der Flammen. Viele Aktive hatten ihre Renn- bzw. Schrittmachermaschinen dort untergestellt, und nur einige Frühinformierte konnten diese retten.
Durch die Generalmobilmachung mit der schlagartigen Rekrutierung von hunderttausenden jungen Männern, kam der organisierte Radsport quasi zum Erliegen. Vielleicht haben noch spontane Rennen von Jugend-lichen stattgefunden? In der Zeitung fanden sich nur lancierte Meldun-gen von Rennen bekannter Berufsfahrer im Deutschen Reich, die auf Brennabor-Rädern gewonnen wurden.
In der Periode bis zum Ausbruch des ersten Weltkrieges Ende des Sommers 1914 lagen die goldenen Jahre der Bahn.
Für die Zeit des I. Weltkrieges war im BA. zu dieser Thematik nichts zu finden. Nach gut sechsjähriger Unterbrechung "erwachte" die Radrennbahn ab 1921 nochmals zu für kurze Zeit zu neuem Leben. Bis 1922 wurden eine ganze Reihe interessanter Rennen abgehalten. Als Leiter der Radrennbahn wird der Direktor Ceblin genannt. Viele organisatorische Dinge, wie Werbung für die Rennen und der Kartenvorverkauf wurden in diesen zwei Jahren offenbar von Hermann Gentz, einem Fahrradhändler, der sein Geschäft in der Steinstraße 40 hatte, betrieben. Das Interesse der Zuschauer hatte deutlich nachgelassen und der feuchte Untergrund gab weiter nach, sodass die Rennbahn peu á peu absackte. Schließlich waren reguläre Rennen nicht mehr möglich und die Bahn verkam völlig.
Ab 1923 gibt es keine Berichte mehr von organisierten Rennen auf dieser Bahn, welche bis zu ihrem endgültigen Abriss 1929 wohl massiv verfallen war. Dann wurden ab 1930 Kleingärten auf dem gesamten Areal des Sportparks errichtet, womit diese spannende Episode in der Stadtgeschichte endete. (Quelle: Brandenburger Anzeiger, Zeitungsartikel von Kurt Wilhelm).
Das betraf aber nicht den Bahnradsport in der Havelstadt. Hinter dem Silokanal, nördlich von Brandenburg, auf dem Gelände des Sportvereins Havel 08, dort wo sich heute nahe der Regattastrecke der Sportplatz des FC Borussia mit seinem Vereinshaus an der Massowburg 1 befindet, wurde bald eine Schlackenpiste errichtet, auf welcher die Pedalritter der Stadt Brandenburg wieder ihre Kreise ziehen konnten. Damit konnte ein neues Kapitel Bahn-Radsport der Stadt beginnen(etwas weiter unten).
Schon vor dem 1. Weltkrieg wurde der attraktive Pavillon im Sportpark ein Raub der Flammen. Radrennen wurde noch in den 20er Jahre veranstaltet. Durch die nahen Flüsse Havel und Plane war der Untergrund sehr feucht, sodass die Rennbahn nach und nach absackte. Rennen waren dann nicht mehr möglich.
Hinter dem Silokanal, nördlich von Brandenburg, auf dem Gelände des Sport-vereins Havel 08, dort wo sich heute der Fußballplatz von Borussia Brandenburg befindet, wurde inzwischen eine Schlackenpiste errichtet, auf welcher die Pedalritter der Stadt Brandenburg ihre Kreise ziehen konnten.
Vom einstigen Sportpark ist heute nicht mehr viel zu sehen. Auf ihm befinden sich zum größten Teil Kleingärten. Den kleinen Hafen nutzt ein Seglerverein für seine Boote. Wenn man die Wilhelmdorfer Straße hinausfährt liegt das Gelände versteckt hinter großen Bäumen auf der rechten Seite. Bei einem gezielten Spaziergang fand ich dieses Haupt-Tor, welches den Umgehungsweg von der Anlage trennt. Darauf hat man den Schriftzug "Sportpark" mit eisernen Lettern verewigt.
1900
Winterfest des Radfahrer-Vereins „Brennabor“ 1891 prächtig geschmückt. In der vergangenen Saison wurde wieder der Beweis erbracht, dass die Mitglieder im Renn- oder Tourenfahren und dem Saalfahren Tüchtiges leisten. Ein Frl. Arnold hielt den Festprolog und sprach dabei über die Vorzüge des Radelns auf die Entwicklung von Körper und Geist. Es folgten Kunstradvorführungen von 4 Damen und 11 HerrenAuch das neue Jahrhundert wurde, wie üblich, mit den Winter-Feierlichkeiten der Vereine begonnen. Das Deutsche Kaiserreich hatte sich seit 1871 in der langen Friedensperiode im Zeitalter der weltweit ablaufenden industriellen Revolution wirtschaftlich umfassend entwickelt. In vielen Lebensbe-reichen der Städten und Gemeinden, so auch in Brandenburg, fand dieser Aufschwung seinen Niederschlag. Auf die Schrecken des I. Weltkrieges deutete nichts hin, und so nahmen hier die „goldenen Jahre“ des Radsports, besonders der Bahnradsport, dank der neuen Radrennbahn im Sportpark, deren glänzenden Aufstieg und trost-losen Untergang in einem Extrakapitel beschrieben ist, für mehr noch, als ein Dezennium, ihren Lauf.
Im Folgenden wird ausschließlich über radsportliche Aktivitäten berichtet, die nichts mit der Rennbahn zu tun hatten: Rennen auf der Straße und die beginnenden Motorrad- und Auto- Zuverlässigkeitsfahrten, die zunächst noch an den Zweiradsport durch „Beinkraft“ gekoppelt waren. Die rein gesellschaftlichen Veranstaltungen der Vereine werden nur angedeutet, weil darüber ebenfalls in einem verlinkten Anhang bei weitergehendem Interesse ausführlich nachgelesen werden kann. Nur über das erste Fest des Jahres im neuen Jahrhundert soll etwas ausführlicher berichtet werden, da sich die weiteren Meldungen im BA. über solche Veranstaltungen ähnlich lesen. So war am 24. März der Hohenzollernpark für das 4. u.a. mit der Quadrille usw. Das Kunstradfahrer-Paar, Jenny und Alban Daßler trat auf mit Solo- und Duett Vorführungen und erhielt stürmischen Applaus. Und endlich kam ein solenner Ball bis in die Morgenstunden.
Ein umfangreicher Text beschreibt dann die festliche Bannerweihe des Brandenburger „Touren-Rad-fahrer-Verein“, welche im Schweizergarten unter Teilnahme vieler befreundeter Vereine vollzogen……
Die nachfolgenden 5 Vereine waren 1899 im Brandenburger Adressbuch vermerkt:
Am aktivsten war in den Jahren der Radfahrer-Verein „Vorwärts“ 1887 und startete mit einem 50 km-Rennen für Mitglieder als Vereinsmeisterschaft auf der Strecke Brandenburg-Plaue-Genthin u. zurück in die neue Saison. Start und Ziel war vor der Kürassier Kaserne und Wende am Schützenhaus in Genthin. Herr Georg Schmidt siegte in 1:39 Std. Das Vorgabefahren im Juli über 85 km: Strecke: Brandenburg-Rathenow-Genthin Brandenburg gewann dann nach 3 Std. 7 Min. Fahrzeit Otto Deickert vor Schmidt und Lutter. Der Sieger musste Vorgaben bis zu 15 Min. aufholen! Ein gemüth-licher Frühschoppen vereinigte die Mitglieder und viele Gönner des Vereins auf Ahlerts Berg, wo auch gleich die Preisvertheilung stattfand. So endeten die meisten Berichte und werden deshalb nur gekürzt wiedergegeben.
Von dem auch überregional erfolgreichen Brandenburger, Paul Gericke, schreibt der BA. im August: Auf der diesjährigen Radfernfahrt Hamburg - Berlin, an der 61 Fahrer Theil nahmen, errang der hiesige Rennfahrer Gericke auf einem Excelsior-Rade den dritten Preis, trotzdem ihm einige Pneumaticdefekte passirten. Gericke durchfuhr die 257 km lange Strecke in 11 Stunden, 28 Minuten und 49 2/5 Secunden. (Originalschreibweise)
Dass der Radfahrsport in unsere Stadt in hoher Blüte steht, beweist die Thatsache, dass in diesem Jahre bis zum heutigen Tage 2612 Radfahrkarten von der Polizeiverwaltung ausgegeben worden sind. Hierzu kommt eine große Anzahl Radler, welche die bekannte gelbe Karte nicht besitzt, wurde im September gemeldet.
Das Jahr 1901 begann, wie üblich, mit der Ballsaison, die mit dem 16. Winterfest des Brandenburger R.-V. von 1884 auf Ahlert’s Berg am 12.Januar eröffnet wurde. Bis 1911 liest man noch 10 solcher Berichte der vier in diesen Jahren besonders aktiven Vereine in sehr blumiger Sprache.(siehe auch unter Feste….)
Zwischenzeitlich errang der Brandenburger R.-V. von 1884 am 9. März in Berlin im Preis-reigenfahren, auf dem großen Winterfest des Gau 20, welches in den Gesamträumen der Philharmonie stattfand, den dritten Preis. Eine zahlreiche, erstklassige Concurrenz mit 10 Vereinen war anwesend. Es war eine knappe Entscheidung zwischen B. R.-V. und dem R.-V. „Sport Berolina.
Doch dann gingen endlich die Wettkämpfe los. Wieder veranstaltete der Brandenburger R.-V. „Vorwärts“ 1887 am 2. Juni das Ausfahren der Vereinsmeisterschaft 1901 ohne größere Unfälle über eine Strecke von 50 km als Schrittmacherrennen, wofür eine Anzahl Tandems fungirten. Trotz der enormen Hitze und des herrschenden merklichen Windes wurden recht gute Zeiten erzielt. Als Sieger wurde, trotz Sturzes, Herr Gustav Gräben (auf Corona-Fahrrad) in der brillanten Zeit von 1 Std. 26 Min. 32 2/5 Sec., Zweiter wurde trotz eines Reifendefects Herr Georg Schmidt, der bisherige Clubmeisterfahrer, vor Herrn Hans Demohn, in seinem ersten Rennen.
Im Juni erschien eine schöne Anekdote über Radfahrers Freud und Leid! Eigenthümliches Pech hatte gestern Morgen ein hiesiger Radfahrer, der auf der Chaussee in der Nähe von Plaue mit einer Landfrau zusammenstieß, welche eine große Anzahl Eier in der Kiepe trug. Durch den Zusammenprall wurde die Kiepe mit den Eiern auf die Erde geschleudert, wodurch die Eier sämtlich zerbrachen. Der unglückliche Rennfahrer einigte sich schließlich mit der Frau dahin, dass er dieser den entstandenen Schaden von 7,50 Mark ersetz!
Die Zeitenwende im Selbstverständnis von Mobilität kündigt sich im Juni mit einem Bericht über die Automobil-Fernfahrt Paris-Berlin an. Die führenden Radsportvereine der Stadt mit ihrem „know how“ organisierten den Ablauf! Ein Fahrzeug der Brandenburger Automobilfabrik Kondor-Fahrradwerk war ebenfalls am Start. Bei der Kontrollstelle in Brandenburg lag die Organisation in den Händen der Radfahrer-Vereine: B.R.-V. v. 1884, R.-V. „Vorwärts“ 1887, Touren-R.-V. und R.-V. „Brennabor“. Diesen Vereinen hatten die personellen Voraussetzungen und Erfahrung in der Bewältigung solcher Aufgaben der exakten Zeitkontrollen. Als „Controllbeamte“ für die Eingangs- und Ausgangskontrolle in den dafür eingerichteten Stationen waren namhafte Persönlichkeiten des Radsportes dieser Zeit, wie die Herren Tatatzky (privater Geschäftsmann) und Direktor Louis (Brennabor), sowie Herren Hollerbaum (Direktor Sportpark) und Jurth (Bauunternehmer) berufen. Der Radsport war noch bis in die fünfziger Jahre mit dem Motorsport (Motorrad und Auto) verflochten, was man an der anfänglichen Herausgabe einer gemeinsamen Fachzeitschrift „Illustrierter Radsport und Motorrennsport“ bis 1951 ablesen kann.
Der Brandenburger R.-V. „Vorwärts“ 1887 hielt am letzten 25. August auf der Chaussee Plaue-Bensdorf sein zweites diesjähriges Rennen ab, an welches sich die Preisvertheilung mit Kränzchen im Hertwig’schen Saale in Plaue anschloss. Es herrschte herrliches Wetter. Per Rad, Kremser und Dampfer gelangte der Verein nebst seiner zahlreichen Gäste nach Plaue. Nach kurzem Aufenthalt daselbst begab sich der Verein mit dem Banner an der Spitze des Zuges an die
1. Erstfahren 2000 m (3 Ehrenpreise):. Kurt Brümmer vor Fritz Sengespeik und Bruno Braunsberger
2. Damenlangsamfahren 100 m (3 Ep): 1. Frl. Bertha Wiese, 2. Frl. Johanna Krüger, 3. Frl. Helene Schierwagen.
3. Hauptfahren 5000m (Wendep.): (3 Ep.): 1. Gustav Gräben, 2: Georg Schmidt, 3. Demohn
4. Seniorenfahren 1000 m, 3 Ep : 1. Fritz Lücke, 2. Max Hübner, 3. Ernst Häuser
5. Vorgabefahren 5000 m (Wendep.) (3 Ep.): 1. Hans Demohn (125 M), 2. Georg Schmidt (vom Mal),
6.Tandemfahren 3000m(3 Ep.): 1. Lücke-Gräben, 2. Brünner-Schmidt, 3. Ranneberg-Demohn
7. Trostfahren 2000 m (wer am Tage keinen Preis erringen konnten) 1. Ernst Kabisch, 2. Paul Säger
Nachts gegen 1 Uhr wurde dann nach fröhlich verlebten Stunden die Heimreise auf dem Dampfer „Deutschland“ Rückfahrt angetreten
Ab Juni 1902 begann wieder die neue Saison. Der rührige Brandenburger R.-V. „Vorwärts“ 1887 veranstaltete früh um 6 Uhr sein erstes diesjähriges Rennen: Das Ausfahren der Vereinsmeisterschaft über 50 km mit Schrittmachern auf der Strecke: Brandenburg-Plaue-Genthin und zurück. Der vorjährige Meisterfahrer, Herr Gustav Gräben, der von einem Dreiradmotor geführt wurde, passirte auch in diesem Jahr als Erster das Band in einer sehr achtbaren Zeit von 1:27.351/5 Std. Zweiter wurde Herr Hans Demohn, welcher, nur durch Tandem unterstützt, die 50 km in 1:29.16 Std. hinter sich brachte. Als Dritter kam ein Herr Georg Schmidt in der Zeit von 1:34.291/5 Std.
Die Fernfahrt „Rund um Berlin“, im August 1902, hatte unter ungünstiger Witterung wesentlich zu leiden. Infolge der Regengüsse waren die Chausseen schlecht befahrbar. Es starteten schließlich 127 Fahrer. Die Streckenlänge betrug 240 km. Als Sieger ging nach 9 Std. und 45 Sec. Goetzke-Berlin, Club „Zugvogel“, durchs Ziel. Der bekannte Herrenfahrer, Gustav Gräben aus Brandenburg hatte die Weiterfahrt wegen Reifenschadens in Bernau aufgegeben.
Der Rad-Club „1899“ hielt im September ein Chaussee-Rennen ab, das folgenden Verlauf nahm:
Niederrad-Hauptfahren 2000 m: 1. Paul Schmidt,
Tandemfahren 3000 m: 1. Schmidt/Thiele
Niederrad-Vorgabefahren 5000 m: 1. H. Schmits (1:40 Min. Vg.),
Die Feier des 20. Stiftungsfestes beging am 16. April 1904 im Concerthause der Brandenburger Radfahrer-Verein von 1884. Die Feier erfolgte in Form eines großen Herren-Commerses mit sportlichen und sonstigen Aufführungen. Dann begann der eigentliche Commers. Der Verein 1884 hatte in den 90er Jahren seine Blütezeit. Der 1. Vorsitzende, Fabrikant Carl Reichstein, brachte das Kaiser-Hoch aus. Herr Maurermeister Jurth hielt die Festrede und gab einen eindrucksvollen Rückblick auf die ehrenvolle Geschichte des Vereins. Hier kann man die Festschrift lesen.
Am 4. Mai erfolgte ein Gastauftritt des Brandenburger Radfahrer-Vereins 1884 abends im Zirkus Busch zu Berlin an dem dort veranstalteten großen olympischen Spielen. Auch der deutsche Kronprinz hat sein Erscheinen zu der Veranstaltung zugesagt, bei der die Spitze und die herrschenden Kreise Berlins und der Mark in weitgehendster Weise beteiligt sind.
Der R.-V. „Vorwärts“ 1887 und „Radclub 1899“ hatten sich im Juni nach Ziesar zur Bannerweihe des dortigen Vereins begeben. Die gastliche Stadt bereitete den Radlern einen überaus herzlichen Empfang. Erschienen waren auch die Vereine aus „Germania“ Burg, „Genthin“, Görzke, Loburg und Belzig. Beim Korsofahren wurde „Vorwärts“ Brandenburg Dritter. Im Reigenfahren bekam der „Radclub 1899“ den 1. Preis zuerkannt. Für das neue Banner wurden verschiedene wertvolle Fahnennägel gestiftet.
Ehemalige Spitzenradsportler und Aktive des ersten R.-V. v. 1884 sahen zunehmend im Motorradfahren eine Alternative zum Radsport mit Beinkraft für sich. Finanziell war ihnen das durchaus möglich. Bei der Zuverlässigkeitsfahrt für Motor-Zweiräder im Juni 1904 von Frankfurt a.M. nach Berlin mit Stopp in Brandenburg. Zwei Herren aus unserer Stadt auf ihren Brennerbor-Motorrädern gingen als Sieger hervorgegangen: Herr Kaufmann Johannes Pundt erster Preis, Herr Karl Reichstein jun. dritter Preis zuerkannt. Die Herren haben die 621 km lange Strecke ohne Störung in ca. 16 Std. zurückgelegt, obwohl sie keine Berufsfahrer sondern Herrenfahrer sind. Das bedeutet einen Triumph für hiesige Industrie, gegen die große Konkurrenz ging Brennabor als Sieger hervor.
R.-V. „Vorwärts“ 1887 im Juli Saisoneröffnung mit der diesjährigen Vereinsmeisterschaft über 50 km, auf der Strecke Brandenburg-Genthin und zurück mit Motorführung: Sieger wurde Georg Schmidt-Brandenburg, der von einem Brennabor-Motor geführt, die Strecke in 1:17.56 Std. fuhr. Eine halbe Minute später folgten die Herren Jul. Kaupert als Zweiter und Gustav Gräben, der bekannte frühere Herrenfahrer, auf den 3. Platz. Im Stadtpark fand als dann die Prämierung der Sieger statt, dem sich ein Herren-Kommers anschloss und eine Sammlung zugunsten des vor kurzem in Magdeburg tödlich gestürzten französischen Dauerfahrers Paul Dangla erfolgte.
Bei dem 28 km langen Gästerennen, das am Sonntagnachmittag von dem Brandenburger Touren-Radfahrerverein 18896 gelegentlich einer sportlichen Festlichkeit arrangiert worden war, liefen auch beide oben erwähnte Herren Schmidt und Kaupert als Erster bzw. Zweiter durchs Ziel.
Über die Radfernfahrt „Rund um Berlin“ über 240,9 km wird im August 1904 u.a. berichtet: Das Rennen wurde erstmals unter Führung von Motor-Schrittmachern „Töff-Töff“ ausgetragen. Der Brandenburger Johannes Pundt belegte auf (Brennabor) 7:00.56 Std. zweiten Platz hinter H. Steffen aus Beelitz ebenfalls auf (Brennabor) in 6:58.48 Std.
Im März 1905 wird ein Berichtet über eine Sitzung des Vereins für Radwegebau veröffentlicht. Als Ergebnis wird im Mai vermeldet, dass der hiesige Verein in Verhandlungen mit der Stadt erreicht habe, dass das Bankett auf der Chaussee in Richtung Plaue als Fahrweg für Fahrradfahrer frei gegeben wird.
Beim Frühjahrsfest des Radfahrvereins „Germania“ Genthin am 14. Mai errang der Radfahrer-V. „Brennabor“ Brandenburg im Reigenfahren mit 9,4 Pkt. Den 2. Preis. Sieger wurde mit 11 Pkt. „Germania“ Uchtdorf.
Einige Fahrer des ersten Radfahrervereins von 1884 finden immer mehr Gefallen an der Motorisierung. Das zeigt im Mai 1905 die internationale Zuverlässigkeits-Fernfahrt Berlin-Potsdam-Frankfurt a.M. für Kraft-Zweiräder. Beim Stopp in Brandenburg werden die Fahrer von den Radfahrer-Vereinen betreut. Erste Etappe geht bis Kassel. Von Brandenburg nahmen 6 Fahrer teil, u.a.: Vom Radfahrer-Verein 1884 Joh. Pundt u. Robert Köhler. Start Sonnabend um 5 Uhr in Potsdam „Restaurant Sanscoussi“
Auch „Radklub 1899“ veranstaltete im Juni ein Radrennen mit Motorradschrittmacher auf der Chaussee zwischen Brandenburg – Plaue-Genthin u. zurück ohne Unfall statt. Start und Ziel war am Altstädtischen Friedhof. Auch hier sieht man die Neigung, das neue Gerät „Motorrad“, als Schrittmacher auch in den Straßenradsport zu integrieren.
Bündelung der Kräfte im Februar 1906 durch Fusion! Bei der stattgefundene gemeinschaftlichen Versammlung des Brandenburger Radfahrer-Verein „Vorwärts“ 1887 und dem „Rad-Klub 1899“ wurde der Zusammenschluss der beiden Vereine unter dem neuen Namen „Rad-Klub „Vorwärts“ 1887/1899“ beschlossen. Der neue Verein verfügt über zahlreiche Kräfte, um den Radsport in altgewohnter Weise pflegen zu können. Vereinslokal ist, wie früher, das Restaurant „Patzenhofer“, Hauptstraße 73/74.
„Rund um Berlin“ des Gau 20 im August 1906 sah von gestarteten 158 Teilnehmern Otto Goetzke in 9:42.11 Std. für die 241,7 km lange Strecke als Sieger. Eine Gruppe Motorradfahrer bewältigte die gleiche Strecke in 7:15.07 Std. Sieger wurde ein Teilnehmer aus Beelitz. Rad-und Motorradsieger fuhren aus Brennabor-Maschinen.
Radfahrer-Verein Corona 1900 veranstaltete ein Rennen unter reger Teilnahme nahmen am 1. September. Die Resultate sind folgende:
Das Gala-Saalfest des Rad-Club „Vorwärts“ 1887/1899 am 28. März 1908 gestaltete sich zu einer sportlichen Veranstaltung ersten Ranges: Überfüllte Räume auf „Ahlerts Berg“ und ein umfangreiches Programm mit 20 Programmnummern.
Der Ehrenvorsitzende des Gaus 20 im Deutscher-Radfahrer-Bund, Herr Direktor Ernst Louis, präsidierte. Im Präsidium saßen auch der Ortsvorsteher des D. R. B., Herr Franz Tatatzky und eine Reihe angesehener Persönlichkeiten der Stadt. von Ehrengästen, welche auch wertvolle Preise gestiftet haben, sowie hohe Offiziere der hiesigen Garnison.
Radball-Turniers mit vier Vereinen: R.C. „Heil“ Charlottenburg gegen R.C. „Krampe“ Berlin, sowie R.V. „Hohenzollern“ Zehlendorf gegen R.K. „Zugvogel“ Luckenwalde. Ein 6er Schulreigen machte die offizielle Eröffnung. Dann folgten die Wettkämpfe der Kunstradfahrer.
Ergebnisse:
Radballspiel: Gruppe A 1. R.C. „Krampe“ Berlin
Gruppe B 1. R.V. „Hohenzollern“ Berlin.
Die Siegerehrung mit Überreichung der wertvollen Preise durch Herrn Direktor Louis und Herrn Tatatzky erfolgte nachts um 1 Uhr. Daran an schloss sich ein festlicher Ball bis in die frühen Morgenstunden.
Der neu gegründete Kaufmännische Radclub 1907 zu Brandenburg a. H. eröffnete seine Radsaison mit einem 10 Kilometer-Rennen auf der Strecke Radfahrereiche-Grüningen und zurück. Fahrzeit des Siegers 29 Min. 34 Sek. Vier Wochen später fand seine Klubmeisterschaft des über 50 km statt. zurückgelegt wurde. Als Erster ging M. Freitag in 1:42 Std durchs Ziel vor Hermann Liebknecht und E. Eisenmenger. Auch im Juli 1909 setzte der junge Kaufmännischen Rad-Club 1907 seine Aktivitäten mit dem 2. Lauf der Meisterschaft über 50 km fort, die M. Freitag in 1:31 Std. vor Paul Seyfarth und Fritz Kraus gewann.
Häufig liest man über das Jahr verteilt lancierte (Werbe)-Meldungen von Rennen der bekannten Berufsfahrer immer als Sieger auf Brennabor-Rädern ohne jeglichen Defekt in: Hannover, Wien-Berlin, Breslau, Amsterdam oder Forst, Spandau, Antwerpen und Mailand, Köln, Breslau, Mastricht, Magdeburg, Halle/s., Chemnitz, Paris, Münster, Treptow, Celle, Odessa Steglitz und Zürich usw.
Im August 1908 „Rund um Berlin“ Sieger Adolf Böhm 248,5 km in 9:09.39 Std. Es waren 400 Fahrer am Start mit Ziel in Kleinmachnow vor tausenden Zuschauern. Plätze 1, 5, 9, 12 auf Brennabor gefahren.
Auch andere Firmen lancierte Meldung im BA. Beim Straßenrennen Berlin-Rathenow-Berlin über 225 km belegte Willy Kischkat-Berlin den 1. und Weber-Zehlendorf den 3. Platz. Beide auf altbewährten und zuverlässigen „Branda“ Freilaufnaben D.R.-No. 214328 mit Rücktrittsbremse. Fabrikation „Brandenburgia“ vormals Waßmuth & Eisenmenger Akt. Gesellschaft Brandenburg a.d.Havel.
Der Verein für Radfahrwege hielt im März 1910 die diesjährige ordentliche Mitgliederversammlung ab. Ein Lichtbildervortrag von Herrn F. Nicolai zeigte 140 Bilder aus der Altmark. Als Fazit: Es sollen durch eifrige Agitation weitere Mitglieder gewonnen werden.
Der vor zwei Jahren neu gegründete R.-V. „Sturmvogel“ von 1909 veranstaltete im September 1911 ein 100 km-Meisterschaftsfahren mit Vorgabe auf der Strecke Plaue-Wusterwitz-Ziesar-Görtzke-Wiesenburg-Belzig-Golzow-Brandenburg.Es hatten sich hierzu 10 Mitglieder gemeldet. Sieger Franz Fischer vom Mal in 3 Std. 39 Min. 20 Sek. und damit 1911 Gewinner der Meisterschaft. Zweiter wurde H. Mattig (24 Min. Vg.) in 4:10 Std., Dritter Gutschmidt (27 Vg.) 4:13 Std., Vierter „Altmeister“Gräben. Die vorzügliche Leistung der ersten Fahrer gereichen dem zur Ehre.
Vereinigung Brandenburger Rennfahrer 1910 (D.R.U.): Am 18.8. 1912 - 100-Kilometer-Straßenrennen auf der Strecke Brandenburg-Ziesar-Belzig-Brandenburg. Sieger wurde Otto Köpp in 3 Std. und 2 Min. vor W. Tauchert in 3:15 und Fr. Thiem in 3:15 Std. Platz 4 bis 6 belegten Fr. Dornburg, H. Wilke und R. Stucki. Danach folgten Gericke, Engel, Drange und Groth. In diesem Jahrgang fanden sich kaum Berichte von Straßenrennen. Es existieren sehr viele Annoncen im BA., die eine große Aktivität einiger Vereine belegen, dabei auch welche, die durch Rennveranstaltungen nie in Erscheinung traten. Es waren wahrscheinlich Radfahrvereine, die das Radwandern auf ihre Fahne geschrieben hatte. Der Name Wanderlust ist da sicher ein Indiz. Erstaunlich ist auch die Kilometerzahl, die auf den Touren ohne Gangschaltung und bei sicher nicht immer einfachen Wegeverhältnissen zurückgelegt worden sind. Der 1909 gegründete R.- Verein, "Sturmvogel 09", in dem auch Gustav Gräben Mitglied wurde und den er später noch viele Jahre als Vorsitzender leitette, fällt durch viele Aktivitäten (16!) auf. In der BA-Spalte „Vereine“ sind von Anfang April bis Ende September solche Annoncen zu lesen.
Vereinigung Brandenburger Rennfahrer von 1910 (D.R.U.) - am 5.Mai 1913 -Vorgaberennen auf der Strecke Kl. Kreutz-Weseram-Kl. Kreutz ab. Die Malleute konnten ihre Vorgaben nicht aufholen. Sieger blieb R. Dorenburg vor Köhne, Borchert, Muschert, Drange. F. Dorenburg und Kadisch. Bereits am 25. Mai veranstaltete der gleiche Verein sein 60 km-Straßenrennen auf der Strecke Brandenburg-Nauen-Brandenburg mit 17 Fahrer Startern. Sieger wurde R. Stucki mit 5 Längen Vorsprung vor Drange und Borchert. Es folgten Dorenburg, Kabisch, Köhne, Janke, Jacob, Tauchert und Goldmann. Am Ziel fanden sich mehr als 500 Zuschauer ein.
Von 1913 existieren ebenfalls sehr viele Annoncen im BA., die eine große Aktivität einiger Vereine belegen. Siehe dort:
1914
1914/15 Adressbuch Brandenburg u. Umgebung:
Die beiden letzten Vereine in der Liste waren die „jüngsten“, erst 1910 und 1913, gegründeten Zusammenschlüsse. Sie standen zu dieser Zeit nicht offiziell in im Adressbuch. Der Letztgenannte führte ab 1926 auch den Namen B. Renn- u. Tourenfahrerklub Endspurt v. 1913 (D.R.U) und manchmal auch Arbeiter- Renn- u. Touren-fahrerklub Endspurt v. 1913 (D.R.U). Da das Potenzial an Radsportlern in Brandenburg auch damals „endlich“ war, konnte man anhand der Ergebnislisten, in denen später oft auch die Vereine der Sieger und Platzierten genannt wurden sehen, welche Fahrer die Vereine im Laufe der Zeit gewechselt haben, ein Phänomen, dass es ja auch heute noch gibt. Gründe für die vielen Neugründungen im Lauf der vielen Jahre, lassen sich nur erahnen. Ich glaube, dass meistens das Leistungs-Profil des Vereins ausschlaggebend war (ob mehr Sport oder vorrangig Vergnügen und Freizeitbeschäftigung). Zum andern haben aber auch sicher die Sponsoren mit ihrer Unterstützung Einfluss genommen, wie z.B. Brennabor, MIFA und CORONA. Die beiden eben genannten Vereine werden in der 4. Phase maßgeblich das Niveau des Brandenburger Radsports bestimmen.
24.4.14: Sonntag, den 26.März nachmittags 2 Uhr, Werder
2.5.14 : Morgen Nachmittag 2 Uhr, Genthin, Abfahren der Rennstrecke
9.5.14 : Morgen Nachmittag 2 Uhr Bensdorf Frühjahrsrennen und darauffolgend
Preisverteilung und Tanzkränzchen bei Pohle, Gränert Gäste willkommen
15.5.14 : Heute Abend 8 ½ Uhr, Wilhelmsdorfer
Sonntagnachmittag 2 ¼ Uhr Bezirksfahrt nach Milow (Pflichttour)
20.5.14 : Morgen Nachmittag 2 ½ Uhr Lehnin, Sonntagnachmittag 2 ¼ Uhr Golzow
30.5.14 : Morgen früh 4 Uhr, Havelberg – Perleberg, die 2. Abt. 7 Uhr ab Malge
Rad-Renn-Club Endspurt 1913 veranstaltet am Sonntag, den 14. Juni 1914 eine Zuverlässigkeitsfahrt über 100 km auf der Strecke Brandenburg-Loburg-Brandenburg. Start und Ziel am Kilometer 6,2 hinter Wilhelmsdorf morgens 7 Uhr. Preisverteilung findet abends im Saale des Klublokals bei Herrn Hermann Krüger, Neuendorfer Str. 82 statt. Der Vorstand (ein Ergebnis des Rennens war nicht auffindbar)
Das waren die letzten radsportlichen Informationen im Brandenburger Anzeiger, die vor dem Eintritt des Deutschen Kaiser-Reiches in den sich zum I. Weltkrieg ausweitenden militärischen Konflikt zwischen Österreich-Ungarn und Serbien. Er begann am 28. Juli 1914 mit der Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien, der das Attentat von Sarajevo vom 28. Juni 1914 und die dadurch ausgelöste Julikrise vorausgegangen waren. Dem mörderischen Krieg fielen etwa 17 Millionen Menschen zum Opfer. Darunter waren auch Radsportler aus Brandenburg. Einige von ihnen kehrten verwundet wieder heim und nahmen als Kriegsbeschädigte noch erfolgreich an Radrennen teil, wie: Fritz Willnat und K. Köppen.
Zusammenfassend für die Phase 2, den Straßenradsport betreffend lässt sich feststellen, dass es ganz große neue Namen mit nationaler Ausstrahlung in Brandenburg nicht mehr gab. Anfänglich haben die alten „Stars“ wie Gustav Gräben, Johannes Pundt, Paul Gericke und Julius Kaupert der Radsportstadt noch prächtigen Glanz verliehen, sich dann aber nach und nach aus Altersgründen vom Leistungssport zurückgezogen und eine bürgerliche Existenz gegründet. Außerdem stand der Straßenradsport in dieser Zeit von 1900 bis Mitte 1914 völlig im Schatten des Bahnradsports mit nationalen und internationalen Größen des Radsports am Start bei den 6 - 8 regelmäßigen jährlichen Großveranstaltungen. Zu nennen sind aber Georg Schmidt, Hans Demohn, W. Tauchert und Franz Fischer, sowie die gleichzeitig als Bahnfahrer erfolgreichen Paul Seyfarth, R. Dorenburg, R. Stucki und besonders Otto Köpp, der gut 40 Jahre Brandenburger Radsportgeschichte, besonders als Organisator und sportlicher Leiter, mitgeschrieben hat
In der Phase 3, der Zeit von August 1914 bis Ende 1918 kam der Ama-teursportbetrieb , so auch der Radsport in Brandenburg, praktisch zum Er-liegen.
Der erste Weltkrieg hat infolge seiner Stellungskriege in Frankreich Millionen von Toten und Verwundeten unter den jungen Männern in Europa und natürlich auch in Deutschland gefordert.
Im Brandenburger Anzeiger wird in dieser Zeit kaum etwas über Radsport in der Stadt berichtet. Man liest im Verlaufe der Jahre von einigen Straßenklassikern, wie z.B. Berlin-Cottbus-Berlin (1915) oder Magde-burg-Berlin-Magdeburg über 275 km (1920), der auch Brandenburg zweimal berührte. In der Stadt war eine Kontrollstelle für die Fahrer im Bierlokal "Parole", Magdeburger Straße eingerichtet. Erst nach und nach finden auch die Amateure zu ihrem Sport zurück. Dabei tritt auch ein neues Phänomen auf. Viele der verwundet heimgekehrten Soldaten behielten bleibende Schäden mit teils erheblicher Einschränkung ihrer Leistungsfähigkeit zurück, wollten aber dennoch wieder ihren geliebten Radsport betreiben. Deshalb führte man im Amateurbreich eine neue Form der Vorgaberegelung für kriegsversehrte Fahrer ein, was konkret hier für Fritz Willnat und K. Köppen zutraf.
Alle verfügbaren jungen Männer waren an der Front. Sie kamen höchstens mal auf einen kurzen Heimaturlaub, wie beispielhaft hier mein Großvater.
1914/15
1915
BA, Nr.80, 7.4.1915
Bericht über Rennen Berlin-Cottbus-Berlin. Sieger Böhm nach 8:18 Std. vor Hildebrandt und 28 Min. später Bauer 3.
Ansonsten sind die Zeitungen voller Kriegsmeldungen, Aufrufe zu Sammelaktionen und Listen über gefallene Soldaten. Dazu die familiären Todesanzeigen mit dem Standard-Text: ….gefallen auf dem Feld der Ehre.
Der erste Weltkrieg hat infolge seiner Stellungskriege in Frankreich Millionen von Toten und Verwundeten unter den jungen Männern in Europa und natürlich auch in Deutschland gefordert.
In der Zeit von August 1914 bis Ende 1918 kam der Amateursportbetrieb praktisch zum Erliegen.
Im Brandenburger Anzeiger wird in dieser Zeit kaum etwas über Radsport in der Stadt berichtet. Man liest im Verlaufe der Jahre von einigen Straßenklassikern, wie z.B. Berlin-Cottbus-Berlin (1915) oder Magdeburg-Berlin-Magdeburg über 275 km (1920), der auch Brandenburg zweimal berührte. In der Stadt war eine Kontrollstelle für die Fahrer im Bierlokal "Parole", Magdeburger Straße eingerichtet. Erst nach und nach finden auch die Amateure zu ihrem Sport zurück. Dabei tritt auch ein neues Phänomen auf. Viele der verwundet heimgekehrten Soldaten behielten bleibende Schäden mit teils erheblicher Einschränkung ihrer Leistungsfähigkeit zurück, wollten aber dennoch wieder ihren geliebten Radsport betreiben. Deshalb führte man im Amateurbreich eine neue Form der Vorgaberegelung für kriegsversehrte Fahrer ein, was konkrete hier für Fritz Willnat und K. Köppen zutraf.
1919 vereinigte sich der "Deutsche Radfahrer-Bund" (D.R.-B.) und der "Arbeiter-Radfahrerbund" (A.R.B.) zum Bund Deutscher Radfahrer (B.D.R.). Im selben Jahr wurde auch die Deutsche Radfahrer-Union (D.R.U.) gegründet, von Radsportlern, die mit der Politik des B.D.R nicht einverstanden waren.
In Brandenburg traten die 1910 und 1913 gegründeten nachfolgend genannten Vereine diesem Dach-verband bei: Vereinigung Brandenburger Rennfahrer 1910 (D.R.U.) und Radrenn-Club „Endspurt“ von 1913 (D.R.U)
1919
BA.,Nr.159, Frei.,11.7.1919: Radfahrer-Verein „Sturmvogel 1909“ e.V.
Am So., den 13.7. Klubnadel-Rennen, Start pünktlich ½ 2 Uhr am Hotel „Parole“ darauf Preisverteilung mit an-schließendem Tanzkränzchen bei Böning, Neuer Krug Freunde und Bekannte herzlich willkommen. Der Vorstand
Radfahrer-Verein „Sturmvogel 1909“ e.V.
Sonntag, 24. August, Mondscheinfahrt nach Plauer Schleuse, Gastwirt Regelin. Daselbst Auskegeln, Preisschießen, Abfahrt nachmittags 4 Uhr vom Salzhof mit Dampfer „Deutschland“, Karten für Hin- und Rückfahrt 1 Mk. bei G. Gräben Steinstr. 43. Gäste willkommen.
1920
BA.,Nr.136,Mi., 23.6.1920: Straßenrennen Magdeburg-Berlin-Magdeburg führt durch die Stadt. Kontrollpunkt war im Restaurant „Parole“ in der Magdeburger Str. der Wendepunkt war Berlin-Steglitz. Sieger wurde der Berliner Golle nach 175 km in 9:18 Std. vor Koch und Richard Huschke. Keine Meldungen von Lokalem Radsport.
1921
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1922
Das Jahr beginnt beim Brandenburger Radfahrerverein “Brennabor“ 1891 Ende Januar im Altstätischen Rathaus mit einem =Winterfest= unter Mitwirkung des Schwarzwaldmädel-Quartett vom Radfahrer-Club „Diana“ Leipzig (BA.,Nr.22,Mi., 26.1.1922)
Doch zwei Jahre nach Kriegsende beginnt nun endlich wieder der geregelte Rad-Wettkampfsport in der Havelstadt. Mit dem Rad-Renn-Club „Olympia“ 1920 (D.R.U.) ist ein neuer Verein gegründet worden, der das Niveau in den kommenden Jahren mit bestimmen wird.
Zwischen dem 23. März und 18. Oktober wird von insgesamt 14 Straßenrennen, berichtet. Der aktivste Verein mit 5 Veranstaltungen, war der erst 2 Jahre zuvor gegründete Rad-Renn-Club „Olympia“ 1920 (D.R.U.). Ihm folgten Radfahrerverein "Brennabor" 1891 und Radfahrerverein „Sturmvogel“ e.V. 1909. Brandenburger beteiligten sich aber auch an auswärtigen Rennen in Brück, wo Erich Betge siegte oder in Leipzig, wo der damals bekannte Julius Kaupert, der noch als „Altersfahrer“ „Rund um Anhalt“ über 289 Kilometer gewann und beim Rennen der alten Kämpen „Rund um Leipzig“ über 239 Kilometer den 5. Preis in der Altersklasse holte. Die heimischen Rennen waren meistens zwischen 40 und 120 km lang und oft als Vorgaberennen ausgeschrieben. Manche hießen Vereins-meisterschaften, andere waren für alle Brandenburger oder sogar offen für das Gau 20 (Berlin). Alle Rennen sind, wegen der Fülle des Materials, nur im Telegrammstiel geschildert und können bei mehr Interesse auf einer am Ende verlinkten Seite nachgelesen werden.
Saison 1923 (BA. nur ab 2.7.vorhanden) mit 7 Berichten von Rennen.
Der auffälligste Fahrer dieser Jahre, sowohl auf der Straße, als auch auf der Bahn (siehe dort), war Erich Betge (manchmals auch Bethge geschrieben). Sein Alter zu dieser Zeit ist mir nicht bekannt. Er hatte sicher auch 6 -7 Jahre seiner radsportlichen Entwicklung an den I. Weltkrieg verloren. Die nachfolgenden Scans von Ergebnissen zeigen, dass er sein Rad auch bei großen Rennen an den Start geschoben hat, manchmal im Text auch als Favorit gehandelt wurde und dann, wenn er mal nicht vorn war, hatte er oft mit Reifenpannen zu tun. Zumindestens einmal zeigt ein Ergebnis, dass er auch beim "Großen Sternpreis" als Berufsfahrer fuhr. Ansonsten fielen Rudolf Schadebrodt, E. Köppen, Hermann Papendorf, W. Tauchert, H. Reyer, Erich Otto, Karl Fischer, Otto Köpp und Paul Leow auf. Letzterer wurde auch als bekannter Bundes-Wertpreisfahrer genannt. Das ist eine Lizenz gewesen, die die D.R.U. vergeben hat. Mit dieser konnte man bei den gut dotierten "Industrierennen" starten, wo auf den Sieger und die Platzierten lukrative Preise warteten!
Der junge Otto Gierth ( geb. 1904), feierte 1923 auch schon seinen ersten Sieg, dem später noch einige folgen sollten.
Wegen der teilweise Unleserlichkeit der Zeitungsdokumente im (BA) wurden einige Rennberichte und Ergebnislisten abgeschriebn.
1924
Die Saison hatte es in sich! Gut 34 Radrennen lassen sich für die Havelstadt nachweisen. Teilweise waren es Rennen auf Vereinsebene.
Aber immer häufiger kamen überregionale Radsport-veranstaltungenin auf den Terminplan.
Los ging es am vom 2. April und endete am 28. September war sehr umfangreich mit 34 Rennen: Der 1913 gegründete Rad-Renn-Club „Endspurt“ 1913 stieg verstärkt in das lokale Renngeschehen mit ein!
Saison 1925 vom 1. April bis 25. November
Saison 1926 vom 8. April bis 24. September 23 Veranstaltungen
(Straßenrennen über 185 km), Veranstalter: Gau 24 (Potsdam-Brandenburg)
Siegerliste:
Gruppe Gaufahrer
Gruppe der Bundesfahrer
In der Saison 1927 wird von 18 Veranstaltung berichtet
Adressbuch von Brandenburg mit registrierten Radsportvereinen:
Anfang März 1927 stellte der Brandenburger Renn-und Tourenklubs „Endspurt“ 1913 sein Jahres-Sportprogramm vor: Neben 10 Radrennen waren auch verschiedene Tourenfahrten geplant, wie z.B.: Herrentour nach Bohnenland, Tourenfahrt nach der Burg Rabenstein, Fahrt in Wörlitzer Park, eine Nachttour.
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Saison 1928 13 Veranstaltungen
Ergebnisse Klasse
A: 1. Elpel (Breslau) 5:19.42 Std., 2. Oelböter (Stettin), B: 1. Fröscher (Friederichsfelde) 5:31.00 Std., 2. Rüdiger (Berlin), C: 1. Brand (Lichtenberg) 5:39.19 Std., 2 Henke (Berlin), D: 1. Schulze (Trebbin) 3:13.20 Std., Kreutzer (Chemnitz) 3:17.29 Std.
Es wird darüber geklagt, dass kaum noch Straßenrennen von der Regierung erlaubt werden. Das betrifft die Radsportler von Brandenburg besonders hart. Vor langen Jahren noch im Besitz einer Radrennbahn war Brandenburg durch den Radrennsport und die hiesige Fahrradfabriken weltweit bekannt. Fast alle Rennfahrergrößen (Robl, Ryser, Dickentmann, Demke, Rütt, Ahrendt, Janke usw.) kamen in früheren Jahren nach Brandenburg und zeigten uns, wie Radsport auf dem Zement gepflegt wird. Die Zeiten sind aber längst vorbei. Durch das Eingehen der Bahn (im Sportpark an der Plane) sahen sich die Vereine gezwungen den Radsport auf der Straße auf der Straße zu pflegen. Durch den von Jahr zu Jahr steigenden Verkehr auf den Landstraßen werden immer weniger Genehmigungen für Straßenrennen erlaubt. Sollten wir nun in Brandenburg in den nächsten Jahren nicht wieder in Besitz einer Radrennbahn kommen, so ist der Radsport in unserer Stadt am Aussterben.
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Saison 1929 vom 15. April bis 6. Juni
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Saison 1930 vom 5. April bis 11. August
BA., Nr.81,So., 5.4.1930: Verein für Radfahrwege hält seine Jahreshauptversammlung ab. U.A. soll ein neuer Radweg nach Wust entlang der Bahn angelegt werden. Es wird gefordert, dass die Stadtbehörden darauf hinwirken, dass Fußgänger, Motorräder und Handwagen nicht mehr die Radwege benutzen.
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Saison 1931 vom 20. April bis 17.8.
1931/32 (Adressbuch Brandenburg)
Viele Meldungen von Profirennen und Siege auf Brennabor-Ballonreifen-Rädern
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Saison 1932 vom 17. Mai bis 12. September
Radrennen in Nowawes: Der R.V. Möwe Nowawes, veranstaltete sein zehnjähriges Bestehen mit einem Radrennen über 118 km für Männer und 50 km für die Jugend. Am Hauptrennen beteiligten sich etwa 100 Fahrer. Aus Brandenburg/Havel waren vertreten: Otto und Paul Marschall, Räsener, Piede vom V.B.R. 1910, Müller von R.R.C. Endspurt 1913 und der Jugendfahrer Georg Gräbitz von Endspurt. Ergebnis: 1. Otto Marschall …….. 3. Platz trotz Sturzes, Piede 14 bei seinem ersten Rennen in der C-Klasse.
Beschreibung der Rennen mit ausführlicheren Berichten und Ergebnissen hier.