Trainingsmethoden - Leistungsüberwachung

Trainingsziele:

  • Systematische Erhöhung der altersspezifischen  physischen Leistungsfähig-keit
  • Ausbildung  in allgemeinen und   speziellen sportlichen Techniken
  • Vermitteln von Kenntnissen über  gesunde Ernährung, Belastung , Regeneration
  • Entwicklung der Kombination  von Kraft, Geschicklichkeit, Schnelligkeit und Ausdauer
  • Taktische und strategische  Ausbildung in der gewählten Sportart
  • Funktionelle  Vorbereitung des Organismus auf maximale Anstrengung, sowie
  • Willenserziehung  und Erfolgsorientierung für den Wettkampf
  • Erlernen der Trainingsüberwachung mittels der elektronischen Hilfsmittel
  • Erlernen von organisatorischen, methodischen und kampfrichterlichen Fähigkeiten

 

Von der Empirie zum Wissen

Schon im alten Griechenland gab es  Einrichtungen für die Schulung  in Leibesübungen, die Gymnasium genannt wurden. Später erweiterte man diese Erziehung noch  um die geistige Ausbildung. Diesen Schultypus haben wir noch heute. Es wurde also schon früh erkannt, dass man für gute Leistungen üben (trainieren) muss.  Diese Erkenntnis  gilt natürlich für alle Lebensbereiche, aber besonders auch für den (Leistungs)-Sport.

In der Antike wurden bereits sportliche  Wettkämpfe abgehalten mit  Regeln und Siegerehrungen in der Art und Weise, wie sie auch noch heute bei Olympischen Spielen  durchgeführt  werden. Es traten wahrscheinlich  häufig „Naturtalente“  bei den Wettbewerben an, die aber sicher auch irgendwie trainiert hatten, sei  es im zivilen oder militärischen Bereich (Meldeläufer, Bogenschützen, Lanzenwerfer etc.). In der Römerzeit kämpften Gladiatoren bei "Brot und (Sport-)Spiele" in den Arenen, wie z.B. vom Colosseum in Rom bekannt ist.

Das Wort „trainieren“  leitet sich übrigens vom lateinischen  Verb „trahere“ (ziehen, erziehen,  ausbilden) ab.

Im Mittelalter waren es  z.B. Ritter, die das gehobene Publikum auf den Adelssitzen unterhielten und  auf Tur-nieren kämpfend  „sportliche“ Leistungen vollbracht haben.

Seit Ende  des 18. Jahrhunderts wurden verschiedene (Ball-) Sportarten,  zunächst von den Wohlhabenden vor-nehmlich in England  als Zeitvertreib betrieben. Mit Fortschreiten der Industrialisierung  und Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaft  und des Proletariats im 19. Jahrhundert  kam es zunehmend zur Gründung von Turn- und anderen Sportvereinen. In Deutschland wurde diese Ent-wicklung besonders auch durch die Initiativen des „Turnvaters“  Friederich-Ludwig  Jahn befördert (Frisch, fromm, fröhlich, frei). Die Entwicklung kulmi-nierte in  der Wiederbelebung der Olympischen Spiele 1896 in Athen. Nun war endgültig der Wettkampf-gedanke mit Vergleichen auf nationaler und internationaler Ebene für viele Sportarten geboren.

 

Das Fahrrad wir zum Sportgerät

Die Geschichte des Radsports konnte natürlich erst mit der technischen Erfindung und Verbesserung des Fahrrades beginnen. Darüber habe ich am Anfang meiner Homepage berichtet. Sie ist  datiert etwa auf die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts. Das Radfahren kam sehr  schnell in Mode, und  schon bald gab es  Berichte aus der 2. Hälfte über Radrennen in Frankreich und England, an denen auch schon Frauen teilgenommen hatten. Eines der ältesten großen Straßenrennen, welches auch heute noch ausgetragen wird, wurde 1896 von Paris nach Tours gestartet.

Es folgten dann bald in Frankreich, aber auch in anderen Ländern,  jährliche  wiederkehrende Straßenrennen  und Rundfahrten, aus denen oft Klassiker wurden, die nur von gut geübten (trainierten) Fahrern erfolgreich gemeistert werden konnten. Zum einen war das Material  noch nicht soweit entwickelt (Räder mit hohem Gewicht und  ohne Gang-schaltung), zum anderen wurden teils enorme Strecken von 150 bis 400 km am Stück zurückgelegt  bei  oft desolaten Straßenverhältnissen. Die belgischen  Frühjahrsklassiker u.a. erinnern heute noch bewusst daran.

Die bedeutendste Rundfahrt ist noch heute die „Tour de France“ mit ihrer über 100jährigen Geschichte.

 

Empirie des Trainings

Nur wenig ist über das Training bekannt, welches diese „Heroen“  damals absolviert haben, um diese gigantischen Leistungen zu vollbringen.

Man darf aber sicher davon ausgehen, dass trainiert wurde. Denn jeder der eine Zeit lang regelmäßig Rad fährt, merkt  ja, dass  es von Mal zu Mal  immer leichter fällt, eine bestimmte Strecke zu fahren oder gegen Wind und berg-auf anzukämpfen.

Die gesammelten Erfahrungen wurden sicher unter Sportlern  ausgetauscht, welche  die „guten Tipps“  wahrscheinlich  am eigenen Körper auf die Brauchbarkeit überprüft haben.  Auch von Medizinern wurden schon früh Ratschläge gegeben in pucto der richtigen Ernährung und der Abträglichkeit des Rauchen und von übermäßigem Alkoholgenuss. Zumindest die nächsten „Generationen“ konnte von den intuitiven Erfahrungen ihrer Vorgänger, was Belastung und Ruhe anbelangte, profitieren. Bei Etappenrennen wurden zur Erholung auch Ruhetage zwischen-geschaltet. So entstand ein umfangreicher Fundus an empirischem Wissen.

 Als sich der Profi-Radsport herausgebildet hatte, wurden im Laufe des Jahres vom einzelnen Fahrer viele Rennen bestritten, um von den Einnahmen auch leben zu können. Oft musste ja auch noch eine Familie mit Kindern ernährt werden. Der große „Rik van Steenbergen“ formulierte es einmal  so: “Im Frühjahr trainieren wir, um uns in Form zu bringen. Danach fahren wir bis zum Herbst  2 bis 3 Rennen pro Woche, was ja gleichzeitig das beste Training ist“. Manche fuhren dazu im Winter auf den Hallenrennbahnen  Sechstagerennen. Die Profis früherer Jahre beobachteten ihren Körper gut und machten vieles richtig, was später durch wissenschaftliche Untersuchungen und Methoden bestätigt wurde. (Porträt: Rik van Steenbergen in der R.-W.1957)

Dass der Wettkampf  das beste Training sein kann, ist eine Erfahrung, die wohl so mancher auch im Jedermann-Bereich  schon gemacht hat, weil man sich im „freiwilligen“ Training selten so  körperlich „auspumpt und quält“.  Zwei  bis drei Tage später  läuft es dann oft wie von selbst. Ich hatte Anfang der 60er Jahre als Jugendfahrer keine Ahnung vom Begriff und der Bedeutung „Regeneration“. Bald hatte ich mir aber angewöhnt, morgens, bevor ich zu den Rennen fuhr, die Treppen über 3 Stockwerke in unsere Handelsmühle laufend zu erklimmen. Oben angekommen, fühlte  ich in den Beinen meistens  keine erlahmende  „Müdigkeit“. Dann liefen die Rennen auch gut. Quälte ich mich aber zunehmend von Treppe zu Treppe bis nach oben, dann rollte es meistens auch nicht beim Wettkampf. Da war  wahrscheinlich meine Regeneration noch nicht ausreichend erfolgt. Den „Test“ mache ich auch heute noch in unserem Treppenhaus über 3 Stockwerke und, er "stimmt" heute noch.

 

Das Training wird wissenschaftlich erforscht

Nun aber noch einmal zur Methodik des Trainings. In den 30er Jahren hatte der Sport im Allgemeinen in den führenden Industriestaaten bereits einen bedeutenden Stellenwert  eingenommen. An Universitäten, so auch in Deutschland,  wurden Institute zur Erforschung  von Sport- /medizinischen Fragestellungen etabliert. Die Olym-pischen Spiele von 1936 in Berlin haben diese Entwicklung sicherlich stark befördert. Das Intervalltraining war als eine neue Methode zur sportlichen Leistungssteigerung erkannt worden. Der  deutsche Sportwissenschaftler und Trainer Woldemar  Gerschler hatte damit erfolgreich gearbeitet. Er führte den 800m-Läufer, Rudolf Harbig, damit zur Weltspitze.  Viele Sportarten, so  auch  der Radsport, wurde erkannt,  würden von dieser Me-thode profitieren.

Kurz gesagt, wird bei diesem Trainingsverfahren unter Kontrolle der mit verschiedenen Belastungsarten (z.B. Tempodauerlauf, extensiver 1000-m- oder Treppenlauf) die Pulsfrequenz kurzeitig in den oberen physio-logischen Bereich gebracht, um in einer darauf kurzen Ruhepause eine annähernde Erholung von Herz/Kreislauf zu erlangen. Die Intervalle werden mehrfach nach einem Trainingsplan wiederholt. Damit können systematisch  Grundlagenausdauer, Laktattoleranz/-abbau und  Kraftausdauerfähigkeit entwickelt und verbessert werden. Für die verschiedenen in Frage kommenden Sportarten wird das Intervalltraining entsprechend adaptiert.(Wikipedia)

Nach 1945 begann bald die Zeit des kalten Krieges, dem „Kampf der Systeme“   um die epochale Überlegenheit  zwischen dem Ostblock und dem westlichen Bündnissystem. Wissenschaft und Technik wurden von beiden Seiten stark gefördert, und es kam zu  einem gewaltigen technologischen  Innovationsschub  auf vielen Gebieten. Stellvertretend nahm auch der medienwirksamen Leistungssport mit den  gut messbaren Ergebnissen seinen Platz  in diesem Wettstreit  ein. Sollten doch die vielen Medaillen und Rekorden und die würdevollen Zeremonien der Siegerehrungen mit Abspielen der Nationalhymnen  bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen zeigen und vor aller Welt demonstrieren, wie überlegen und attraktiv für die Zukunft  das eigene Gesellschaftsmodel sei!

 

Den Trainings-Stress richtig dosieren

Der mit ungarischen Wurzeln in Wien  geborene,  Hans Selye,  forschte seit den 30er Jahren  über die  Ursachen und die Wirkung  von  Stress  und  beschrieb das  GAS (Generelles Adaptations-Syndrom).  Er hatte  erkannt, was bestimmte, unterschiedlich starke Reize im menschlichen  Körper auslösen und wie dieser damit fertig wird, indem er sich anpasst.  Das war auch die Grundlage der Trainingsmethode der Periodisierung des Trainings in Zyklen  des Rumänen, Tudor Bompa, der seinerseits die Forschungsergebnisse des Russen Leo P. Matwejew   nutzte und weiterentwickelte. Die  Sportler/ innen des Ostblocks  wurden offenbar dank dieser Erkennt-nisse sehr erfolgreich in der Medaillenausbeute bei den olympischen Spielen in dieser Zeit. Das traf auch für die DDR-Sportler in fast allen Disziplinen zu. 

Bis in die70ziger Jahren hatte sich das  Intervalltraining überall durchgesetzt.

 

 

Trainingsergebnisse und "Form" - Einzug der Meßtechnik

Dann folgten in den 80ern  die Labormethoden mit der VO2 max und der Laktatmessung in Anwendung. Es wurden dann an praktikablen  Methoden gearbeitet für den Routinegebrauch. Dann begann man Anfang  der 80er die Herzfrequenz  während des Trainings bei Skiläufern zu  messen.  In Finnland hatte Seppo Säynäjäkangas , nachdem er 1977 sein Unternehmen „Polar“ gegründet hatte, ein erstes brauchbares Gerät entwickelt. Bis zur Möglichkeit der störungsfreien Anwendung  unter Trainingsbedingungen und im  Wettkampf dauerte es gut weitere 15 Jahre, woran u.a. der amerikanische Physiologe, Edmund R. Burke, großen Anteil hatte. Nun wurde auch langsam die Routine-anwendung von den  Sportlern während des Rennens  akzeptiert. Das erste SRM power meter, mit denen die Kraftentwicklung des Athleten über die Tretlagerkurbel  gemessen werden konnte, entwickelte der Medizintechniker, Ulrich Schoberer, und meldete 1986 dafür ein Patent an. Diese neue Messtechnik schaffte die Voraussetzung, dass die Trittkraftentwicklung  im Zusammenhang mit VO2 max und dem Laktat-Schwellen-Test  gemessen werden konnte. (Quellen: Wikipedia, „Creative Commons Attribution/Share Alike“).

 

Spezialwissen wird zum Allgemeinwissen

Heutzutage sind diese Gerätschaften in einem  breiten Sortiment von verschiedenen Herstellern zu teilweise schon erschwinglichen Preisen erhältlich. Meine Familie schenkte mir zum Geburtstag 2007 einen Polar CS600, der heute noch funktionstüchtig ist. Eine Vielzahl der registrierbaren Werte habe ich seit dieser Zeit im PC gespeichert und damit einen wunderbaren Vergleich meiner körperlichen Leistungsfähigkeit in 5 Grafiken über die zurückliegenden "Wettkampfjahre".

Sehr hilfreich sind  dabei auch die beiden Tests:  Fitness und Optimizer. Die Durchführung ist einfach und in der Anleitung gut beschrieben.

Der erst genannte zeigt als Ergebnis eine Zahl an, OwnIndex Wert (meistens zwischen 35 u. 45), der etwa dem VO2 max. entspricht  und damit die aerobe Fitness  beurteilt, also  den körperlichen Leistungszustand unter genügend Sauerstoffaufnahme beschreibt. Als zweites kann man die HF max-p ablesen, welche objektiver die individuelle mögliche maximale Herzfrequenz wiedergibt, als  nach der Formel  220 - Lebensalter in Jahren zu erwarten ist. Es gibt Ta- bellen mit den Fitness-Klassen  getrennt nach Geschlecht und Alter zum Vergleichen der eigenen Werte. Der Optimizer basiert auf dem klassischen orthostatischen Übertrainingstest. Das optimal angepasste Training überfordert gewollt die zellulären Strukturen des Körpers (Herz/Kreislauf/ innere Organe usw.). Nach einer optimal angepassten Ruhephase erreicht  man nicht nur sein Ausgangsniveau wieder, sondern verbessert sein Leistungsvermögen für einige Zeit, was wie bekannt, Hyperkompensation genannt wird. Dann erst sollte die nächste Trainingsbelastung  erfolgen. Der Test am Tag nach dem letzten Training zeigt mit einer Zahl (Own Optimizer zwischen 1 und 9)  den „Erholungszustand“ an und gibt Empfehlungen, wie mit dem Training fortzufahren ist oder ob weiter pausiert werden soll. Bei diesem Test wird die Variabilität der HF an 5 Stellen (2x im Liegen, nach dem Aufstehen und 2x im Stehen) gemessen.(aus Gebrauchsanleitung Polar)

In Verbindung mit seinem eigenen Körpergefühl, und bei sorgfältiger Durchführung der Tests unter möglich immer gleichen Meßbedingungen ist das für jeden interessierten Radler und ambitionierten Radsportler, ob Männlein oder Weiblein, ein vortreffliches Hilfsmittel für das Training und die Objektivierung seiner "Form". Auch bei  Verdacht auf Untertraining und „Übertrainingssyndrom“  gibt das Gerät Hinweise und hilft bei der Überwindung dieser mißlichen Situation.

 

In allen Jahren des Erscheinens der "Radsport-Woche"  und des "Der Radsportler" gab es über das Jahr verteilt Hinweise und Empfehlungen zum Training auf Straße, Bahn oder im Querfeldein. In den Anfangsjahren gab es auch eine Reihe von Empfehlungen für den "Runden Tritt", zur "Sitzposition" und zur Richtigen Montage des Sattels und zum Fußdruck auf die Pedalen. Häufig wurden als Vorbilder erfolgreiche Straßenprofi aus Italien, Frankreich, der Schweiz oder Belgien angeführt.

Die folgende Serie von Text-Abbildungen aus den "Radsport-Wochen" und "Radsportlern" zeigt, wie über die Jahre kontinuierlich versuchte wurde, das aktuelle Wissen der Sportmediziner und Spitzentrainer im DRSV  und den Sportklubs an die Übungsleiter und den Nachwuchs in der Basis  heranzutragen.

Das Konzept des empfohlenen Trainings befand sich völlig auf der Höhe der Zeit:

Intervalltraining, Periodisierung, Ausgleichstraining, Regene-ration, Erkennung von Übertraining usw.

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© Dr. med. Fritz Baars